Zum Buch:
Stromland – das liegt mitten im peruanischen Dschungel an den Quellflüssen des Amazonas. Hier gibt es keine Straßen, die von A nach B führen. In dem Gewirr von Kanälen und Flussarmen sind Boote und natürlich Flugzeuge die einzig möglichen Fortbewegungsmittel. Der Wald ist für Fremde undurchdringlich. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch und die Hitze nahezu konstant. Hier, mitten im Urwald, wo zwischen den Bäumen Geister und Träume herrschen, hat Werner Herzog Fitzcarraldo gedreht. Als Assistent des Kameramanns war Thomas mit dabei. Es war sein großer Traum, der damit in Erfüllung gegangen war. Aber dann war er mit dem Filmteam nicht zurückgekommen.
Seine Zwillingsschwester Irina macht sich von Frankfurt aus auf den Weg nach Iquitos und von dort auf den Kanälen in den Wald, um ihren Bruder zu suchen. Einzige Anhaltspunkte sind die wenigen Briefe, die er ihr geschrieben hat. Was hat er gesucht und was gefunden? Wer hat ihn gekannt, wer kann ihr helfen? Kann sich keiner an ihn erinnern?
Seit Jahrhunderten kommen Glücksucher und Geschäftemacher hierher. Im 18. Jahrhundert suchten Jesuiten hier ein Paradies zu errichten, im 19. Jahrhundert waren es die Goldsucher. Dann, im 20. Jahrhundert, war erst Kautschuk das neue Gold und danach Kokain, das weiße Gold. Für Irina und ihren Begleiter, für die Sucher und Träumer, für sie alle scheint die Welt des Urwalds und seiner Geister, ebenso gefährlich wie verführerisch. Wie seit jeher trifft die Gier der Geschäftemacher auf die Gier der Glückssüchtigen.
Die Geschichten der unterschiedlichsten Glückjäger in den verschiedenen Zeiten überlagern sich, greifen ineinander. Vergangenheit und Zukunft sind nur schwer auseinanderzuhalten. Der Ruf der Tiere, das Sirren der Insekten, das Glucksen des Wassers, das Schmatzen der feuchten Erde ist immer gleich und bestimmt den Rhythmus des Lebens. Florian Wacker beschreibt, wie Irina dunkle Träume und verborgene Sehnsüchte aufspürt, die in Iquitos wie in Frankfurt Teil des Lebens sind. Die Fremdheit erscheint als ein Aspekt, der notwendig zu unserem Leben gehört. Aus dem Gegensatz zwischen Fremdheit und Dazugehörigkeit bezieht der erste Roman Florian Wackers seine Spannung.
Marion Victor, Frankfurt