Zum Buch:
Budlender, zuständig für die Verständlichkeit des Fragebogens der zweiten „nichtrassischen“ Volkszählung – der erste hatte viele Einwohner überfordert – ,besucht eine seiner Testpersonen. Sie wohnt in der neuen Gated Community, „Villa Toscana“, streng bewacht und eingegrenzt, in pastellfarbenem italienischem Flair gehalten, die von weitem „wie eine Spielzeugstadt auf einer Picknickdecke“ erscheint. Er verliebt sich in die Frau, eine TV-Schauspielerin, und findet immer neue Vorwände für weitere Besuche.
Der Ingenieur Egan trifft in einem der städtischen Bauprojekte, die preiswerte Wohnungen für die ärmeren Schichten bereitstellen, die zuständigen Ratsmitgliedern des Bezirks. Obwohl die Bewohner schon eingezogen sind, erweisen sich die Häuser als unvollständig und völlig disfunktional, aber wie die städtischen Beamten ist auch er immun gegen die Klagen der Bewohner. Die Ratsherren bereiten ein üppiges Gelage in einem neuen Restaurant mit afrikanischen Spezialitäten, reden plötzlich untereinander Sotho und schließen Egan damit vom Gespräch aus. Die Flasche Whisky, die er dem für Fördermittel und Grundbucheintragungen zuständigen Ratsbeamten zugedacht hatte, nimmt er wieder mit ins Hotel.
Die Masken in diesem Restaurant, die Egan irritierten, stammen von dem Künstler Simeon, dem Protagonisten der folgenden Geschichte. Er ist gesellschaftlich angesehen und bekannt geworden durch seine Installationen zum Thema Genozid. Für sein neues Projekt zersägt, verwandelt und verunstaltet er holzgeschnitzte Masken und Tiere, wie man sie überall an afrikanischen Straßen zum Kauf angeboten bekommt. Auf der Party zur Finissage seiner Ausstellung „Curiouser“ diskutiert man über Kunst und den Künstler. Die Bezeichnung „Nutzer von Kuriositäten“, „Neugieriger“, könnte auch das Selbstverständnis des Autors umreißen.
Ein Unternehmer, der Werbetafeln für neue Immobilien auf Baugeländen aufstellt, ist unterwegs nach Hause und macht kehrt, um auf der Baustelle nach seinem vermissten Mobiltelefon zu suchen. Die Wohneinheit namens „Crocodile Lodge“, die dort entsteht, ist im Stil einer robusten afrikanischen „Safari Lodge“ geplant. Die Fahrt wird zu einer Reise in die Erinnerung, Erinnerungen an die Hefte mit den exakten Bauzeichnungen, die er als Junge verschlang, und an seine frühen, nie verwundenen Niederlagen in einem Boxclub. Auf der noch unbewachten Baustelle ist es inzwischen dunkel. Eine Bande von Räubern taucht auf.
Was an dem Autor, der oft mit bildenden Künstlern zusammenarbeitet und Beiträge zur zeitgenössischen Kunst und Architektur veröffentlicht hat, am meisten fasziniert, ist sein präziser oder auch „zweiter“ Blick auf Details, denen seine Protagonisten auf ihren Streifzügen durch die Stadt begegnen. Er liefert nicht nur Beschreibungen, sondern zeigt etwas, so dass man ein sehr differenziertes Bild einer spannungsgeladenen, verstörenden Realität bekommt, die der unseren nicht so fern ist, wie man es sich wünschen möchte.
Gisela Wölbert, Frankfurt am Main