Zum Buch:
In einer Mennonitensiedlung im Norden Mexikos mietet sich ein Filmteam ein. Als der 19-jährigen Irma Voth angeboten wird, für das Team zu dolmetschen, lernt sie eine neue Welt kennen, die ebenso seltsam ist wie die der reformierten Täufer mit ihren strengen Moralvorstellungen. Miriam Toews, selbst in einer mennonitischen Familie aufgewachsen, hat einen beeindruckenden Roman über Suchen und Finden geschrieben.
Drei Häuser in einer Reihe zwischen Maisfeldern und Wüste. Wenn die Luft klar ist, kann man im Westen die Berge der Sierra Madre sehen. Für Irma sind sie kraftvoll und unbeirrbar. Sie wohnt mit ihrem Mann, einem jungen Mexikaner, im mittleren Haus, nicht mehr als ein paar Steinwürfe entfernt vom Haus ihrer Eltern. Als sich ein Filmteam im dritten Haus einmietet, um in der Siedlung einen Film zu drehen, gerät in Irmas Leben alles durcheinander. Durch die Ehe mit Jorge ist sie zwar ihrem Elternhaus entkommen, hat sich aber keineswegs von dem strengen Vater befreit. Jetzt lernt sie die Welt des Filmteams kennen, in der alle ihr bekannten Regeln und Gesetze nicht gelten, dafür aber andere, ebenso unbegreifliche. Aus dem Zusammenstoß dieser beiden Welten und der absoluten Verwirrung schält sich ein Plan heraus, der für Irma und ihre beiden jüngeren Schwestern einen Weg in die Freiheit bedeuten kann. Aber diese Freiheit hat ihren Preis.
Miriam Toews erzählt unmittelbar, ihr Roman trifft den Leser mit voller Wucht. Ich jedenfalls habe beim Lesen Irmas Verwirrung mit durchlebt. Aus ihr, dem suchenden Mädchen, wird im Lauf des Romans eine junge Frau, die handelt. Dem Leser, dem Irmas Verwandlung die eigene Orientierungssuche spiegelt, wird am Ende des Romans klar: Es ist gleich, in welchen Systemen man steckt. Entkommen kann man ihnen nur, wenn man die eigene innere Stimme aufspürt und den Mut findet, auf sie zu hören.
Susanne Rikl, München