Zum Buch:
Kann es auch ein Glück sein, alles zu verlieren? Ein Mann beginnt ein anderes Leben, nachdem seine Geliebte von ihm geflohen, seine Firma Bankrott gegangen und sein Vermögen beschlagnahmt worden ist. Ein Roman, der von Begehren und Aufbegehren, von Glücksverlangen, von Wind und Stille erzählt. Uwe Timms neuer Roman ist eine Kostbarkeit.
Sechs Jahre ist es her, dass Anna nach New York gegangen ist, Anna mit dem messingfarbenen Haar, deren Hand bei einem Vortrag über Stadtplanung zufällig auf dem freien Stuhl neben seiner lag. Das war der Anfang. Er, Christian Eschenbach, war damals 50, hatte nach gescheiterter Ehe eine Freundin, Selma, die Goldschmiedin. Anna war verheiratet mit Ewald, dem Architekten, zwei Kinder. Die Paare trafen sich zufällig ein weiteres Mal, man kam sich näher. Eschenbach entbrannte für Anna. Ihre Leidenschaft brachte alles zum Einstürzen. Seitdem lebt Eschenbach allein, seit März als Vogelwart auf einer Insel in der Elbmündung.
Dann kommt ein Anruf von Anna. Ob er Zeit und Lust auf ein Treffen habe, sie sei in Hamburg. An dem Tag, der ihm bis zu ihrer Ankunft bleibt, kommen die Zweifel und die Erinnerungen. Sein Begehren, das alles durcheinander gebracht, sein ganzes Lebensgerüst hat zusammenstürzen lassen. Der Wind hat hier den letzten Rest davon weggetragen. Auch sein Freund, der Engländer, ist tot. Was bleibt, ist die Stille, der Sand, der Vogelgesang, die nächtliche Zwiesprache mit seinen Geistern; seine Arbeit über Jonas und den Wal; die Unterlagen seiner Recherche über das Begehren für ein Meinungsforschungsinstitut, ein Projekt, das er abgebrochen hat; Flaschenpost, die er sammelt.
Eschenbach hat ein neues Leben gefunden, das aus dem alten gewachsen ist. Als Leser ist man froh, zwischen den Erinnerungsschüben in die Stille der Insel zurückkehren zu dürfen. Eschenbach hat es geschafft, Frieden zu machen mit sich. Und jetzt kommt Anna.
Susanne Rikl, München