Zum Buch:
Mar ist 17 und ein ganz normaler Teenager, als sie gemeinsam mit ihrer Mutter nach Senegal reist, um dort im Rahmen eines humanitären Hilfsprojekts einige Wochen zu verbringen. Alles ist anders: die Hitze, die Menschen, die sie überall mit „Toubab“ ansprechen, das im Wolof gebräuchliche Wort für „Fremder“. Wie wir alle hat auch Mar Vorurteile und findet die Tatsache, dass es keine „richtigen“ Toiletten und vor allem fast überall kein WLAN gibt, fast unerträglich.
Die ersten Kontakte zu Gleichaltrigen machen deutlich, wie unterschiedlich Lebenswelten sein können. Egal ob Mar sich darüber wundert, dass jedem alles zu gehören scheint, oder sie sich über den Jungen Khadim lustig macht, der Mädchen-Flipflops trägt, sie ist gefordert, die Selbstverständlichkeiten ihres Lebens in Europa über den Haufen zu werfen oder doch zumindest in Frage zu stellen.
Khadims Reaktion auf Mars Belustigung über seine rosa Sandalen hallt nach, als er sagt: „Die Nutzung einer Sache kann sich doch nicht auf das Geschlecht der Personen beschränken, die sie nutzen. Das macht überhaupt keinen Sinn.“ Könnte das nicht vielleicht ein neuer und interessanter Blick auf Gegenstände egal welcher Art sein, oder ist es in unserer westlichen Welt, in der jeder alles zu haben scheint, unmöglich, Dinge auf ihre Funktion zu reduzieren?
Trotz solch eher nachdenklichen Einschübe bleibt Toubab – Zwei Münzen dicht an der jugendlichen Mar dran, nimmt ihre Irritation und ihr Erleben ernst und zeichnet ihre Zerrissenheit zwischen dem Gewohnten und den neuen Erlebnissen nach.
Graphic Novels bieten die Möglichkeit, Inhalte anschaulicher zu transportieren als Romane oder reine Erzählungen. Für etwas lesemüde Jugendliche, denen das Smartphone oft näher ist als zwei Buchdeckel und viele beschriebene Seiten, kann die Graphic Novel eine Brücke zum Buch sein. Beeindruckend ist immer wieder, wie ausdrucksstark die eher reduzierten Zeichnungen dieses Genres sind – in diesem Fall von der jungen spanischen Comickünstlerin Núria Tamarit –, wie die Weite eines afrikanischen Sternenhimmels ohne Lichtverschmutzung oder die beängstigende, nächtliche Überfahrt von Flüchtlingen über das Mittelmeer vermitteln werden können. Als Mar mit dem jungen Birane ins Gespräch kommt, erfährt sie auch, dass Neugier und der einfache Wunsch nach besserer Arbeit der Grund für einen lebensgefährlichen Fluchtversuch nach Europa sein können.
Toubab – Zwei Münzen wurde bereits in mehrere Sprache übersetzt, 2019 in Spanien als „Beste Graphic Novel“ ausgezeichnet und ist ein Plädoyer für Offenheit und Toleranz, in jedem Fall empfehlenswert und anregend für Jugendliche ab 14 Jahren. Besonders für diejenigen ist es perfekt geeignet, die noch überlegen, ob ein Freiwilligendienst im Ausland nach ihrem Schulabschluss eine gute Idee sein könnte. Und woher der Untertitel dieses Buches Zwei Münzen kommt, wissen die LeserInnen nach der Lektüre dann auch.
Larissa Siebicke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt