Aktuelle Empfehlungen

Drucken

Aktuelle Empfehlungen

Autor
Gospodinov, Georgi

Der Gärtner und der Tod

Untertitel
Roman. Aus dem Bulgarischen von Alexander Sitzmann
Beschreibung

Familie ist ein schier unerschöpfliches Thema in der Literatur, und am beliebtesten scheinen seit Jahren Autobiografien oder autofiktionale Romane mit diesem Schwerpunkt zu sein. Während jüngere Autor*innen sich häufig an ihren Prägungen durch die Familiengeschichte abarbeiten, rückt für die älteren das Thema Krankheit und Tod der Eltern in den Focus, und der sich ankündigende Verlust scheint den Blick auf die gemeinsame Vergangenheit milder zu stimmen. Ein berührendes Beispiel dafür ist das neue Buch des bulgarischen Autors Georgi Gospodinov, in dem er voller Trauer, gepaart mit leisem Humor, die letzten Wochen mit seinem sterbenden Vater beschreibt, Geschichten über ihn und von ihm erzählt. Der Gärtner und der Tod ist ein leises Buch – gefühlvoll, aber kitschfrei und trotz seines Themas eine beglückende Lektüre.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Aufbau Verlag, 2025
Format
Gebunden
Seiten
240 Seiten
ISBN/EAN
978-3-351-04261-5
Preis
24,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Georgi Gospodinov wurde 1968 in Jambol, Bulgarien, geboren. Einem großen internationalen Publikum wurde er bekannt mit dem »Natürlichen Roman«, sowie dem Roman »Physik der Schwermut«. Gospodinov wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. zweifach mit dem bulgarischen Buchpreis und dem Jan Michalski-Preis. Für seinen Roman »Zeitzuflucht« erhielt er 2023 den Booker Prize International. Er lebt und arbeitet in Sofia.

Alexander Sitzmann studierte Skandinavistik und Slawistik in Wien, forscht und lehrt an der dortigen Universität. Seit 1999 ist er als literarischer Übersetzer aus dem Bulgarischen, Mazedonischen und den skandinavischen Sprachen tätig.

Zum Buch:

Familie ist ein schier unerschöpfliches Thema in der Literatur, und am beliebtesten scheinen seit Jahren Autobiografien oder autofiktionale Romane mit diesem Schwerpunkt zu sein. Während jüngere Autor*innen sich häufig an ihren Prägungen durch die Familiengeschichte abarbeiten, rückt für die älteren das Thema Krankheit und Tod der Eltern in den Focus, und der sich ankündigende Verlust scheint den Blick auf die gemeinsame Vergangenheit milder zu stimmen. Ein berührendes Beispiel dafür ist das neue Buch des bulgarischen Autors Georgi Gospodinov, in dem er die letzten Wochen mit seinem todkranken Vater und dessen Sterben beschreibt.

Der Gärtner und der Tod ist ein Buch voller Trauer: über den Verlust, den der Autor kaum zu denken wagt, aber auch voller Angst vor dem, was diese letzten Wochen ihm abverlangen werden, und vor der Zeit danach. Aber es auch ein Buch voller Anekdoten über den Vater und die Geschichten, die dieser begnadete Fabulierer erzählt hat, der aus jedem Ereignis eine Geschichte machte. Aus dem Geflecht der traurigen Gegenwart und den humorvollen Erinnerungen entsteht das Bild eines Mannes, der im Leben wenig Möglichkeiten bekam, seinen Weg selbst zu bestimmen, und aufblitzende Chancen nicht nutzen konnte, ob in jungen Jahren als begabte Basketballspieler oder nach dem Krieg mit seinen fehlgeschlagenen Versuchen, der sozialistischen Mangelwirtschaft aus eigener Kraft etwas entgegenzusetzen. Dennoch blieb er ein dem Leben zugewandter Mensch mit einem lakonischen Humor, der allen Widrigkeiten mit dem Spruch „Halb so wild“ begegnete.

So lange der Autor zurückdenken kann, hat der Vater neben jeder der kleinen, schäbigen Wohnungen, in denen die Familie lebte, immer ein kleines Gärtchen gehabt. Als er im Alter von dreiundsechzig Jahren eine Krebserkrankung überstand, begann er, daraus einen riesigen Garten zu machen, den er bis zum Lebensende bewirtschaftete. Er schuf ein Paradies voller Blumen, Früchte und Gemüse, in dem er unaufhörlich hackte, beschnitt, pfropfte und erntete, dessen Rhythmus sein Leben bestimmte und in dem er aufging. Der Vater war sicher, dass dieser Garten ihn vor dem Tod gerettet hatte, dass der Garten sein Leben war.

„Mein Vater war Gärtner. Jetzt ist er ein Garten.“ Mit diesem Satz beginnt Georgi Gospodinov sein Buch, und es endet mit dem Satz „Halb so wild“. Dazwischen liegt das Leben.

Ruth Roebke, Frankfurt a. M.