Zum Buch:
Der Erfolg eines Journalisten wird in Scoops, in Exklusivberichten gemessen. Zwei bis drei aufsehenerregende Artikel grenzen schon fast an ein Lebenswerk. Souad Mekhennet liegt mit ihren exklusiven Meldungen bereits im zweistelligen Bereich. Sie enttarnte den IS-Henker „Jihadi John“ und deckte die Entführung und Folterung des Deutsch-Libanesen Khaled al-Masri durch die CIA auf. In diesem spannenden, sehr persönlichen Buch erzählt Mekhennet von ihren Begegnungen mit den Warlords des IS. Immer wieder muss sie um ihr Leben fürchten. Und in jedes dieser Treffen geht sie mit den gleichen Fragen: „Woher kommt all dieser Hass?“, und „Was wollen diese hochrangigen IS-Kommandeure wirklich?“
Jede Geschichte beginnt mit einem Kontakt – und davon hat Souad Mekhennet viele. 1978 in Frankfurt am Main als Tochter von Gastarbeitern – die Mutter Schiitin aus der Türkei, der Vater Sunnit aus Marokko – geboren, ist sie in den Glaubenskrieg unserer Zeit geradezu hineingewachsen. Ihre Herkunft und ihre Mehrsprachigkeit haben ihr viele Türen in der Welt des globalen Dschihad geöffnet. Was sie dort immer wieder hört – und auch in der eigenen Karriere erleben musste: Muslime werden im Westen wie Menschen zweiter Klasse behandelt. Aus dieser Form der Respektlosigkeit wächst die prinzipielle Bereitschaft zur Gewalt. Auch junge Menschen unterschiedlichster Herkunft, die sich dem IS anschließen, haben gesellschaftliche Anfeindungen erfahren. Mit Massenüberwachung, Folter und Ermordungen ist gegen diese Kämpfer im Glaubenskrieg des 21. Jahrhunderts nichts auszurichten. Denn damit wird der Hass nur weiter geschürt, werden Extreme noch mehr radikalisiert.
Souad Mekhennet versteht sich als Botschafterin zwischen West und Ost, zwischen Persern und Arabern, zwischen Schiiten und Sunniten. Die aktuelle politische Situation ist aus globalen historischen Zusammenhängen, Kriegen und vielen anderen Arten grenzüberschreitender Einmischungen gewachsen und äußerst komplex. Mit diesem Buch liefert die Journalistin eine Vielzahl bisher unberücksichtigter Fakten, sie plädiert für die gegenseitige Bereitschaft zum Verständnis, die als einzige die Eskalation der Gewalt verhindern kann. Ihr Resümee: „Wenn ich eins gelernt habe, dann dies: Die Schreie einer Mutter, die ihr totes Kind beweint, klingen immer gleich, sei sie nun schwarz, braun oder weiß, Muslimin, Jüdin, Christin, Schiitin oder Sunnitin.“
Susanne Rikl, München