Der Schwerpunkt dieses Bandes ist das Verhältnis von Kunst und Politik, Fiktion und Realität. Aufgabe der Literatur sei es, im Erzählen einer fiktiven Geschichte „unbequeme Erinnerungen weiter zur Sprache zu bringen“, führt Nora Bossong, Trägerin des Wilhelm-Lehmann-Literaturpreises 2020, in ihrer Dankesrede aus; sie selbst befindet sich mit der poetischen Prosa ihres Romans „Schutzzone“ für Laudator Carsten Otte auf der Höhe der Zeit. In weiteren Beiträgen untersucht Dirk Schmid das Wirklichkeitsverständnis Wilhelm Lehmanns, Wolfgang Menzel schildert den Einsatz Lehmanns für die in Flensburg geborene Dichterin Alma Heismann. Drei ihrer Sonette sowie Nachrufe auf Adolf Nottrodt und Verena Kobel-Bänninger schließen an. Im letzten Drittel des Hefts wird die Auseinandersetzung um das Berliner Ehrengrab Oskar Loerkes dokumentiert. Der Protest von Schriftstellern und Kulturschaffenden hatte im Sommer 2021 die Rücknahme eines Senatsbeschlusses und Verlängerung des Ehrengrabs um weitere 20 Jahre bewirkt.