Mit Beiträgen von Stephan Braese, Klaus Briegleb, Aris Fioretos, Veronika Fuechtner, Eva Geulen, Georges-Arthur Goldschmidt, Klaus Heinrich, Esther Kilchmann, Susanne Lüdemann, André Michels, Stéphane Mosès (†), Anne-Kathrin Reulecke, Marianne Schuller, Daniel Weidner, Sigrid Weigel und Uwe Wirth Im selben Jahr, in dem Heinrich Heine starb, 1856, wurde Sigmund Freud geboren. Dies beschreibt über den Zufall hinaus eine Konstellation, in der der Tod der Dichtung und die Geburt der Psychoanalyse zusammenfallen. Die Beiträge des Buchs beschreiben sie als Schwelle zwischen dem ›Ende der Kunstperiode‹ und der Genese der ersten Kulturwissenschaft.Der Zufall des Datums ist Anlass, um der Wahlverwandtschaft beider Autoren über die Generationen hinweg nachzugehen und die expliziten wie verschwiegenen Korrespondenzen zwischen beider Werk zu beleuchten: als jüdische Intellektuelle in den Hauptstädten der Moderne und im Zeitalter der Säkularisierung. Den bekanntesten Zutritt zum Schauplatz eines Dialogs zwischen Heine und Freud bilden die vielen Heine-Zitate in Freuds Witz-Buch. Darüber hinaus erörtern die Enden der Literatur jene Aspekte des Literarischen, die in die Wissenschaft vom Unbewussten und der Psyche hineinreichen: Modi der literarischen Wahrnehmung und Darstellung, die in der Psychoanalyse (re-)aktiviert werden. Während Heines Schreibweise die Grenzen der Dichtung überschreitet, wenn er bei seinen Reisen und Flanerien durch die Schriften und Bilder, die Räume und Archive der europäischen Kulturen die Spuren individueller und kollektiver Ängste und Wünsche in der Weltgeschichte kommentiert, ist die Erfindung der Psychoanalyse durch Freud umgekehrt nicht denkbar, wäre er nicht neben der Neurologie auch bei Dichtung und Kunst, Experten der Sprache des Unbewussten, in die Lehre gegangen.