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Monster wie wir

Autor
Sandig, Ulrike Almut

Monster wie wir

Untertitel
Roman
Beschreibung

Ruth sieht Viktor zum ersten Mal, als sie kopfüber vom Gerüst im Kindergarten baumelt. Von diesem Moment an werden sie beste Freunde. Der Roman Monster wie wir begleitet die beiden durch ihre gemeinsame Kindheit. Sie sind unzertrennlich, aber unaufhörlich drohen Gewalterfahrungen sie nicht nur sich selbst sondern auch einander zu entfremden.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Schöffling Verlag, 2020
Seiten
240
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-89561-183-4
Preis
22,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Ulrike Almut Sandig wurde in Großenhain geboren. Bisher erschienen von ihr vier Gedichtbände, drei Hörbücher, zwei Erzählungsbände, ein Musikalbum mit ihrer Poetry-Band Landschaft sowie zahlreiche Hörspiele. Ihre Gedichte wurden verfilmt und übersetzt, für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Preise. Zuletzt wurde sie 2017 mit dem Literaturpreis Text & Sprache des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft ausgezeichnet, 2018 mit dem Wilhelm-Lehmann-Preis. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Zum Buch:

Ulrike Almut Sandigs neuer Roman beginnt mit Ruths und Viktors Kindheit in der ostdeutschen Provinz der achtziger Jahre. Ihnen ist der Anblick russischer Soldaten ebenso vertraut die der der Kohlebagger. Die beiden sind unzertrennlich und driften nur langsam immer weiter auseinander. Missbrauch ist das zentrale Thema dieses Romans, das doch über lange Zeit hinweg für die Leserin immer nur eine beunruhigende Vermutung bleibt. In Szenen einer im Groben glücklichen Kindheit werden nur allmählich beunruhigende Schatten spürbar. Sandig überträgt meisterlich die Überforderung und Ratlosigkeit der Kinder in die Narration, die den Impuls des Zurückschrecken- und Ausweichen-Wollens nachvollzieht. Viktor und Ruth flüchten sich beide in unterschiedliche Beschäftigungen. Was ihm der Sport ist, ist ihr die Musik. Aber ihr Rückzug in sich selbst entfernt sie auch voneinander, bis sie sich im Jugendalter aus den Augen verlieren. An diesem Punkt wechselt die Erzählperspektive von Ruth zu Viktor. Er erzählt, wie er nach Südfrankreich geht, um dort als Au-Pair zu arbeiten. Dort entscheidet sich für ihn, wie die Erfahrungen seiner Kindheit – die der Gewalt und die der Freundschaft – sein Erwachsenenleben prägen werden. Über Ruths Entwicklung erfahren wir deutlich weniger, die Angewohnheit, sich in Andeutungen und Unausgesprochenem zu verlieren, bleibt ihr bis ins Erwachsenenalter erhalten.

Ulrike Almut Sandig schreibt in einer fast weichen Sprache. Anders als in ihrer Lyrik verzichtet sie hier auf kunstvolle Wortspielereien und poetische Verfremdungen. Ihr ganzes literarisches Augenmerk liegt auf der Entfaltung eindrücklicher Szenen, die lange im Gedächtnis bleiben. Besonders die Beschreibung aus Kindersicht gelingt ihr auf berührende Weise. Sandig verleiht dem Roman eine ob des Themas verblüffende Leichtigkeit. Das macht diesen Roman schnell und gut lesbar, sorgt aber zugleich dafür, dass man ihn kaum beiseitelegen kann und mit Sicherheit mit Gewinn wieder lesen wird.

Theresa Mayer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt