Zum Buch:
Die Geschichte von Peter van den Endens Fantastischem Bilderbuch für Erwachsene ist im Grunde genommen rasch erzählt. Ein junger Mann und eine Art Fabelwesen falten auf dem Deck ihres Seglers ein großes Papierboot zusammen, das sie zu Wasser lassen. Der Segler setzt seinen Weg fort und verschwindet allmählich hinter dem Horizont. Das Papierboot hingegen tritt seine eigene Reise über das Meer an.
So weit, so gut. Doch damit ist es nicht getan. Denn was sich dem Betrachter – nicht dem Leser, denn Worte sucht man vergebens, und sie sind auch vollkommen überflüssig – hier Seite um Seite offenbart, ist nichts weniger als die Vision eines Virtuosen, ist wie Musik, die man von weitem hört und die stetig näher zu kommen scheint, ist wie die Summe aller Träume. In einer geradezu besessenen Detailgenauigkeit nimmt van den Enden uns mit auf eine Traumreise, die in der Zunft der Zeichner in puncto Phantasiereichtum und Magie gewiss ihresgleichen sucht. Es sind zauberhafte Wesen und Welten, denen das Papierboot auf seinem Weg begegnet, mal unter, mal über Wasser, mal lichtdurchdrungen und von Friedfertigkeit beseelt, mal düster und bedrohlich, vorwiegend bizarr, doch immer atemberaubend. Ganz unbeschadet bleibt das Papierboot indes nicht, und je weiter die Reise fortschreitet, desto näher kommt es der Stadt mit ihren menschlichen Errungenschaften und deren nicht zu unterschätzenden Nachteilen, dort, wo sich die Geschichte schließlich auflöst – oder von neuem beginnt.
Treiben lassen ist eine an Metaphern, Sinnbildern und Chiffren reiche Bildergeschichte, und man mag sich gar nicht erst vorstellen, wie viel Zeit der Künstler auch nur auf ein einziges seiner Werke verwandt haben wird.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln