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Wagnisse

Autor
Van den Broeck, Charlotte

Wagnisse

Untertitel
13 tragische Bauwerke und ihre Schöpfer. Aus dem Französischen von Christiane Burkhardt
Beschreibung

In dreizehn sprachlich überragenden Miniaturen erzählt die belgische Lyrikerin die Geschichten von Architekten, deren größter Feind, ihr eigener Perfektionismus, ihnen zum Verhängnis wurde. Selten ist ein derart erfrischendes Buch über das Scheitern geschrieben worden.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Rowohlt Verlag, 2021
Seiten
352
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-498-00215-2
Preis
26,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Charlotte Van den Broeck, geboren 1991 in Turnhout, Belgien, besitzt einen Magister in Englische und Deutsche Literatur und Verbal Arts am Konservatorium Antwerpen. 2015 erschien der erste Gedichtband ‘Kameleon’, der mit dem flämischen Herman-de-Coninck-Preis als bestes Debüt des Jahres ausgezeichnet wurde, 2017 folgte ihr zweiter Band “Nachtroer”, ausgezeichnet mit dem Paul Snoekprijs für den besten Gedichtband in der niederländischen Sprache. Ihre Lyrik wurde u.a. ins Deutsche, Englische, Französische, Spanische und Serbische übersetzt. “Wagnisse” wurde nach Erscheinen begeistert aufgenommen, stieg sofort in die Bestsellerliste ein. Es erhielt den renommierten Wijnaendts Francken-Preis und stand auf der Shortlist für den bedeutenden Boekenbon Literatuurprijs 2020.

Zum Buch:

In der kleinen Gemeinde Verchin, im französischen Département Pas-de-Calais befindet sich mitten im Ort die Kirche Saint-Omer, deren Turmspitze aus bretonischem Schiefer stolze achtundzwanzig Meter in den grautrüben Himmel aufragt. Die belgische Lyrikerin Charlotte van den Broeck hat sich an diesem Morgen aus gutem Grund aus ihrer rund zweihundert Kilometer entfernten Heimatstadt Turnhout auf den Weg nach Verchin begeben. Dieser Grund hängt weniger mit der imposanten Erscheinung der Kirche zusammen – als allein mit der Form eben jenes Turms, der in seiner Mittelachse völlig verdreht ist und mehr Ähnlichkeit mit dem schiefen Zipfelhut eines Zauberers aufweist.

Gegenüber dem Bürgermeister der Gemeinde sowie der Präsidentin des europäischen Vereins für verdrehte Türme (in Europa gibt es tatsächlich ganze zweiundachtzig clochers tors) erklärt die Lyrikerin, sie habe „ein Interesse an architektonischen Fehlschlägen entwickelt, vor allem an Fehlschlägen, die für den Architekten zum Verhängnis wurden, ja sich sogar fatal gegen ihn gekehrt haben.”

Was genau sich hinter diesem Verhängnis verbirgt, ist der Umstand, dass all diese vom Perfektionismus getriebenen Seelen angesichts ihres Scheiterns keinen anderen Ausweg sahen, als sich das Leben zu nehmen. Wie eben jener Architekt der Kirche von Saint-Omer, der sich in tiefster Verzweiflung von der Turmspitze stürzte.

Ihre Spurensuche führt Van den Broeck durch halb Europa, nach Rom, Wien, Glasgow, Malta und Neapel, aber auch in Washington und Colorado Springs macht sie Station und deckt die Hintergründe für das vermeintliche Scheitern tragischer Architekten auf, deren größte Kritiker sie selbst waren. Denn, wie Van den Broeck schreibt, „jeder Perfektionist hat einen guten Feind verdient, und es gibt keine Zwischentöne, es gibt nur Vollendung und Scheitern.”

Dabei verwebt sie gekonnt Privates mit historisch belegten Ausflügen in die Epochen der letzten vier Jahrhunderte und weiß auf ihre mal sanft-mitfühlende, mal spitz-lakonische Art und Weise Leserinnen und Leser zu begeistern.

Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln