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Nach Norden

Autor
Arudpragasam, Anuk

Nach Norden

Untertitel
Roman. Aus dem Englischen von Hannes Meyer
Beschreibung

Nach seinem großartigen Debütroman Die Geschichte einer kurzen Ehe verbringen wir in Anuk Arudpragasams neuen Buch Nach Norden etwa drei Tage mit dem Ich-Erzähler Krishan. Exakt die Zeit, die von der Nachricht über den Tod Ranis, der Pflegerin seiner Großmutter, bis zu ihrem Begräbnis vergeht, zu dem er in den Nordosten Sri Lankas reist, in das Gebiet der tamilischen Separatisten, die während des Bürgerkriegs für einen unabhängigen Staat gekämpft haben. Drei Tage, in denen Arudpragasam die Schuld und die Traumata der Überlebenden beleuchtet, die Sehnsucht nach Heimat, drei Tage, in denen er vom Bürgerkrieg und den Black Tigers erzählt und – wie schon in seinem vorangegangenen Debütroman – von einer großen Liebe.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Hanser Berlin, 2022
Seiten
320
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-446-27381-8
Preis
25,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Anuk Arudpragasam, 1988 geboren, wuchs in Colombo, Sri Lanka, auf, wo er auch heute lebt. Er ist Übersetzer und Autor, schreibt auf Tamil und Englisch und promovierte 2019 in Philosophie an der Columbia University. Mit “Nach Norden”, seinem zweiten Roman nach “Die Geschichte einer kurzen Ehe”, stand Arudpragasam 2021 auf der Shortlist des Booker Prize.

Zum Buch:

2016 veröffentlichte der tamilische Autor Anuk Arudpragasam seinen Debütroman The Story of a Brief Marriage (2017, Die Geschichte einer kurzen Ehe) und traf seine Leser- und KritikerInnen mitten ins Herz. Darin schilderte er voller Härte und Poesie einen einzigen Tag während des Bürgerkriegs in einem Flüchtlingslager für tamilische Zivilisten im Nordosten Sri Lankas. Es war zugleich eine erstaunliche und berührende Liebesgeschichte, für mich eines der besten Bücher des Jahres.

In seinem zweiten, soeben erschienen Roman Nach Norden wird die Kamera etwas weiter gestellt, Zeit und Raum dehnen sich, der Protagonist wechselt, aber das Trauma des Bürgerkriegs bleibt ebenso bestehen wie auch die bemerkenswerte Fähigkeit des Autors, atmosphärisch dicht in einer poetischen Sprache zu erzählen, deren Klang einen sofort mitreißt und auf die lange Reise Nach Norden mitnimmt. Es ist eine Zugreise, deren Takt der Räder sich im Rhythmus der Sprache widerzuspiegeln scheint.

De facto verbringen wir etwa drei Tage mit dem Ich-Erzähler Krishan, exakt die Zeit, die von der Nachricht über den Tod Ranis, der Pflegerin seiner Großmutter, bis zu ihrem Begräbnis vergeht, zu dem er in den titelgebenden Norden reist: Von der Hauptstadt Colombo (wo er gemeinsam mit seiner Mutter und Großmutter unter einem Dach lebt und für eine NGO arbeitet) in den Nordosten Sri Lankas, in das Gebiet der tamilischen Separatisten, die während des Bürgerkriegs für einen unabhängigen Staat gekämpft haben. Drei Tage, in denen Arudpragasam die Schuld und die Traumata der Überlebenden beleuchtet, die Sehnsucht nach Heimat, drei Tage, in denen er vom Bürgerkrieg und den Black Tigers erzählt und – wie schon in seinem vorangegangenen Debütroman – von einer großen Liebe. Der Liebe von Krishan zu der queerfeministischen Aktivistin Anjum, die vom Konzept der romantischen Liebe allerdings nicht viel hält und damit den Fokus auf einen weiteren Aspekt des Romans lenkt: In Arudpragasams Reise Nach Norden geht es nämlich auch um Kameradinnenschaft, queeres Leben und vor allem um sehr enge Bindungen zwischen den Frauen (wie Lara Sielmann in ihrer Kritik festhält).

Arudpragasam besticht erneut durch seine wunderbar langen, klingenden Sätze, seine eindrücklichen, sinnlichen Schilderungen und klugen, philosophischen Einlassungen. 2021 war er mit diesem Roman für den Booker Prize nominiert.

Ines Lauffer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt