Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Vivès, Bastien

Eine Schwester

Untertitel
Aus dem Französischen von Heike Drescher. Ab 16 Jahre
Beschreibung

Es ist eigentlich ein eigenes kleines Genre: Geschichten über den Sommer, nach dem nichts mehr so ist wie zuvor, der Übergang von der Kindheit in die Wirren der Liebe, der Überschwang der ersten sexuellen Erfahrungen, das Drama des ersten Liebeskummers. Das alles am Meer, in Frankreich in den schier endlosen Ferien. In einem Haus, in dem die Familie schon immer Urlaub gemacht hat.

Die Geschichte (sie spielt in der Bretagne), die Bastien Vivès zeichnet und erzählt, ist nicht neu. Aber beides, der sparsame Text und vor allem der überaus elegante und ökonomische Strich seiner Bilder machen Eine Schwester zu einem Ereignis.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Reprodukt Verlag, 2018
Format
Gebunden
Seiten
216 Seiten
ISBN/EAN
978-3-95640-144-2
Preis
24,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Bastien Vivès, geboren 1984 in Frankreich, studierte Grafik und Animation an der École des Gobelins. Bereits in jungen Jahren kann der Zeichner auf ein umfangreiches und stetig wachsendes Œuvre zurückblicken. Dabei bestechen seine Arbeiten wie “In meinen Augen”, “Amitié étroite” oder “Für das Imperium” durch eine enorme stilistische Bandbreite auf hohem Niveau.

Bastien Vivès lebt und arbeitet in Paris.

Zum Buch:

Es ist eigentlich ein eigenes kleines Genre: Geschichten über den Sommer, nach dem nichts mehr so ist wie zuvor, der Übergang von der Kindheit in die Wirren der Liebe, der Überschwang der ersten sexuellen Erfahrungen, das Drama des ersten Liebeskummers. Das alles am Meer, in Frankreich in den schier endlosen Ferien. In einem Haus, in dem die Familie schon immer Urlaub gemacht hat. Ein Film von Francois Ozon? „Ein Sommer am See“ von Mariko Tamaki?

Die Geschichte (sie spielt in der Bretagne), die Bastien Vivès zeichnet und erzählt, ist nicht neu. Aber beides, der sparsame Text und vor allem der überaus elegante und ökonomische Strich seiner Bilder machen Eine Schwester zu einem Ereignis. Man wird hineingezogen, so wie der 13-jährige Antoine in den Strudel seiner Gefühle für die 16-jährige Helene. Und wenn man auf der letzten Seite ist, beginnt man von vorne und lässt sich diese Geschichte noch einmal erzählen, nur von den Bildern.

Unter den großen französischen Zeichner*innen hat Bastien Vivès schon sehr früh für Aufsehen gesorgt. 2010 veröffentlichte der heute 34-jährige den Band „Der Geschmack von Chlor“, eine Erzählung, die fast ausschließlich in einem Hallenbad spielt. Sein markanter Stil erlaubt ihm freie, mitunter fast abstrakte Bildsequenzen. Oft arbeitet er nur mit ein oder zwei Farben und erzielt so eine überzeugende Geschlossenheit. Seither hat er wichtige Comicpreise gewonnen und sich auch in Deutschland eine starke Fangemeinde erarbeitet.

Über die Handlung von Eine Schwester ist nicht viel mehr zu sagen als eingangs angedeutet. Vivès rahmt seine sommerliche Coming-of-age Geschichte mit bewusst banalen Dialogen, typischen Feriengespräche, die sich um kaputte Kühlschränke, Weinproben und das Feuerwerk am Strand drehen. Für Antoine aber geht es um alles: die ersten sexuellen Erfahrungen, die Verliebtheit und den nicht immer leichten Abschied von der Kindheit. Die Beziehung zwischen ihm und der älteren Freundin, die entstehende Vertrautheit sind durchaus anrührend. Sein kleiner Bruder Titi ist dabei mehr als ein Sidekick, sondern Antoines (und Helenes) Anker in die eigene Kindheit.

Vivès findet für diesen aufwühlenden Übergang eine absolut überzeugende Bildsprache. Viele der Gesichter bleiben nur vage, oft ohne Augen; sobald sie die Aufmerksamkeit der Protagonisten gewinnen, wird das Bild ausgefeilter, individueller. Dass Antoine selbst zeichnet, mag als autobiografischer Hinweis gelesen werden, vor allem aber als Metapher dafür, dass sich jemand ein Bild von seiner Welt macht.

Eine Schwester von Bastien Vivès ist das perfekte Buch für den Sommer. Man kann es vor dem Urlaub lesen und möchte augenblicklich aufbrechen und diese eigentümliche Ferienhaus- und Strandwärme spüren. Oder man nimmt es mit.

Jakob Hoffmann, Frankfurt am Main