Zum Buch:
Robert Seethaler erzählt vom Werdegang eines jungen Schauspielers und endet dort, wo es eigentlich erst richtig anfangen sollte: der junge Künstler macht sich auf den Weg, um nach seiner Ausbildung am winzigen Theater seiner Heimatstadt sein Glück an einer anderen Bühne zu suchen.
Die Kulisse des Romans ist irritierend: zu normal das Provinzstädtchen, die Schule, der elterliche Friseursalon, in dem die Mutter wäscht und der Vater schneidet, und nicht zuletzt sogar das Schauspielerpaar des Städtchens, das mit einem Handwagen in die Stadt kam, um ein Theater aufzubauen. Auf diese betonte Einfachheit, die Klischeetreue reagiert der Leser mit interessiertem Misstrauen. Zu Recht, denn auch der Handlung, einer nicht ungewöhnlichen Adoleszenzgeschichte, kann Seethaler mit allerlei ironisierende Pointen die Enge nehmen. Und das macht beim Lesen Spaß. Was dieses Buch aber vor allem auszeichnet und ihm seinen liebenswerten Charme verleiht, ist sein freundlicher Ton und der (menschen-) freundliche, naive Blick seines Protagonisten auf das Geschehen.
Auch inhaltliche Aspekte nehmen in ihrer Durchführung sehr für den Roman ein. Dazu zählt die Scheu, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren, die der junge Ich-Erzähler immer wieder thematisiert und die in so eigenartigem Kontrast zu seinem Berufswunsch steht. Vielleicht zählt hierzu auch die Zufälligkeit, mit der das Theater immer größerem Raum in seinem Denken einnimmt. Die erste Theatererfahrung jedenfalls macht er im Kasperltheater, wo er, von kindlicher Aufrichtigkeit getrieben, als einziger aus dem Publikum den Räuber warnt. Dann folgt die Rolle im Schülertheater, die doch eigentlich nur dem Zweck dient, der geliebten Mitschülerin nahe zu sein. Nicht abwegig, dass die Selbsteinschätzung lautet: “Mein Weg zum Theater war verschlungen. Unvorhersehbar. Holprig.” Unterwegs, das lässt sich konstatieren, passiert viel, und Robert Seethaler gelingt es auf leichte, intelligente Weise, davon zu erzählen. Er verliebt sich, er bricht die Schule ab, versucht fleißig, aber erfolglos, Friseur zu werden und die richtigen Alte-Damen-Frisuren zu schneiden.
Vor allem aber hat Robert Seethaler in diesem Roman wunderbare Personen geschaffen. Da gibt es Max, den besten Freund, dessen merkwürdig zurückgezogene, verrückte Mutter sich aus dem Fenster stürzt und der am Ende mit seiner Schülerliebe ein Kind bekommen wird. Es gibt die Schauspieler, die alles repräsentieren, was man sich unter wirklichen Schauspielern vorstellt. Vor allem aber gibt es den Vater, der nach dem frühen Krebstod der Mutter für den Sohn zum Fixpunkt wird und diese Rolle rührend gut ausfüllt.
Claudia Biester, Autorenbuchhandlung Marx & Co., Frankfurt