Zum Buch:
Ismail Kadare verknüpft in seinem Roman zwei Erzählstränge miteinander: Die Geschichte eines jungen Mannes, der durch den “Kanun” gezwungen wird ein Mitglied einer verfehdeten Familie im Dorf zu töten und die Hochzeitsreise eines städtisch-intellektuellen Paares aus Tirana ins albanische Hochland, wo der Mann, ein Schriftsteller, romantisch erwartungsvoll das wahre Albanien sucht. Der Roman ist nicht spannend oder kunstvoll verwoben, aber eindrucksvoll schildert er die archaische Welt, in der der Kanun herrscht. Jener uralte Ehren-Kodex, der das Leben und die Blutrache regelt. Eine Welt, in der der Wert der Ehre über dem Recht auf Leben steht. Kadare beschwört intensiv die soziale Kälte, die psychische Verstümmelung der Menschen, ihre Verfangenheit und Aussichtslosigkeit in dieser geschlossenen Gemeinschaft. Beklemmend und faszinierend zugleich stürzt man lesend mit der Geschichte des jungen Mannes in diese Welt, lernt ihre Regeln und Mythen kennen und ist, wie das anfangs neugierige Paar, am Ende befremdet unruhig. Axel Stemmer, Der Andere Buchladen, Köln