Ohne Frage das mit Abstand beste Buch, um unseren Kindern vor Augen zu führen, was auf einem Bauernhof tatsächlich geschieht, was Tierhaltung in Wirklichkeit bedeutet und weshalb wir alle tagtäglich darüber mitentscheiden, was auf unsere Teller kommt. Und das ohne drohenden Fingerzeig und vollkommen wertfrei. Ein anregendes, ein nötiges Buch.
(ausführliche Besprechung unten)
Woher kommt eigentlich unsere Milch? Von woher beziehen wir unsere Frühstückseier, den Käse, die Pfeffer-Salami? Natürlich aus dem Supermarkt, im besten Fall vom Metzger oder dem Bioladen. Aber weder der eine noch der andere erzeugt diese Produkte ja selbst. Also: Woher kommt all das, was wir völlig selbstverständlich essen und trinken? Natürlich vom Bauernhof.
Und um einem Kleinkind den Begriff des Bauernhofs zu verdeutlichen, gibt es natürlich auch unzählige Bilderbücher, die in der Regel knallbunt gehalten sind, in denen die Tiere „vermenschlicht“ werden, fröhlich über Wiesen und Felder hüpfen und insgesamt ein rundum sorgloses Dasein führen. Gerade so, als würde es für sie nichts Schöneres geben, als sich mästen, melken, schlachten zu lassen.
Keine Frage, dass die Realität anders aussieht. Aber wie vermittelt man Kindern das? Mit realistischen, bewusst schockierenden Fotos? Mit Horrorgeschichten, die selbst uns Erwachsene abschrecken? Bestimmt nicht.
Doch in all der Buchvielfalt, die uns zur Verfügung steht, gibt es zum Glück immer wieder Ausnahmen, denen es gelingt, einen Mittelweg zu finden. Und genau solch eine Ausnahme ist nun aus der Feder der Illustratorin und Autorin Lena Zeise entstanden. In ihrem hervorragenden Buch Das wahre Leben der Bauernhoftiere stellt sie auf anschauliche und einprägsame Weise zwei völlig unterschiedliche Formen von Tierhaltungsarten dar, und das ohne Zeigefinger, ohne Wertung und komplett abseits der gängigen Klischees vom rosaroten, unsinnig grinsenden Schweinchen.
Sie erklärt, worin sich ökologische und biologische Tierhaltung unterscheiden, wie heutzutage in Mastbetrieben beispielsweise Schweine gehalten werden, weshalb den Rindern die Hörner entfernt oder gleich ganz weggezüchtet werden. Sie beschreibt, was es mit dem Tiertransport auf sich oder was der Code auf jedem Ei aus dem Supermarkt zu bedeuten hat. Oder wieso Hühner Schutz- und Versteckmöglichkeiten benötigen und warum Bio-Ferkel ihre Ringelschwänze behalten dürfen. Ihre kurzen, leicht verständlichen Texte werden dabei mit Zeichnungen verdeutlicht, die völlig der Realität entsprechen und dabei dennoch genau so schön anzuschauen sind wie all jene, die die Wahrheit verzerren.
Man muss nicht werten oder schockieren, um vor Augen zu führen, worin sich die Dinge unterscheiden, die unser tägliches Leben beeinflussen und die wir selbst ebenfalls durch unser Verhalten beeinflussen. Meist genügt zur Aufklärung nur die ungeschminkte Wahrheit.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln
