Zum Buch:
Es ist Sommer. Es ist heiß. Es sind Ferien. Fünf 16-Jährige, drei Jungs und zwei Mädchen, treffen sich jeden Morgen im Schwimmbad, im Dahlenberger. Unter der großen Platane ist ihr Stammplatz, dort breiten sie ihre Handtücher aus. Von hier aus haben sie sowohl das Schwimmbecken als auch den Kiosk im Blick, auf der einen Seite das Sprungbrett für ihre Arschbomben, auf der anderen die Fritten und das Bier. Über mehr wollen sie auch nicht nachdenken. Vor allem nicht darüber, was nach den Sommerferien sein wird. Sie dösen, sie springen, sie wissen auch nicht so recht, was sie machen wollen und wie. Abgesehen davon wurmt es jeden der drei Jungs, dass ihnen ein zweifacher Salto von diesem alten Brett aus nicht gelingen will, obwohl sie doch sonst Arschbombenprofis sind. Und dann kommt da dieser Junge, Andy, der ihnen vormacht, wie‘s geht. Leicht, fast tänzerisch sieht das aus. Mit einem Male ist alles anders.
Wer ist das? Wer ist dieser Andy? Jan versucht, sich ihm zu nähern, ihn zu stellen, aber er entwischt ihm immer wieder. Fast könnte man meinen, er sei ein Hirngespinst.
Fünf Jugendliche auf der Schwelle zum Erwachsenenleben. Wie das aussehen könnte, wissen sie nicht. Körperliche Begierden und Sehnsüchte erwachen. Aber wie damit umgehen? Die Frage nach ihrer Zukunft steht unausgesprochen im Raum. Klare Vorstellungen davon existieren nicht. Mögliche Ängste werden mit Bier oder einem süßen Wodkagemisch weggespült, bis ihnen schlecht wird. Ihre Eltern können nicht helfen. Hank kennt seine Eltern gar nicht, er lebt bei Pflegeeltern, Jonas Vater war erfolgreich, aber jetzt ist er zu Hause, aufgedunsen und wird immer verrückter. Jans Eltern sind geschieden. Die Mutter ist Erzieherin, doch für Jan hat sie keine Zeit; sie kann sich und ihm nur wünschen, dass es ihm einmal besser gelingen wird als ihr.
Das Flirren des Lichts, das weit über den Beckenrand spritzende Wasser, die nackte Haut, die salzigen Fritten, das schon lauwarm gewordene Bier, die Schweißtropfen an der Schläfe, das Surren der Mücken – mit kleinen, alltäglichen und äußerst genauen Beobachtungen beschreibt Florian Wacker diesen Sommer aus Jans Perspektive. Und der weiß, dass es nie wieder so sein wird, auch wenn er, bevor er dieses Kaff verlässt und sich auf den Weg in die neue Schule macht, seinen Freunden am Ende des Sommers verspricht, sie regelmäßig zu besuchen. Dieser Sommer war ein langer Abschied und ein zögerlicher Aufbruch ins Leben.
Wie schon in seinen Kurzgeschichten Albuquerque liegt der Reiz dieses Romans in der Kunst Florian Wackers, die unter der Oberfläche liegenden Gefühle sichtbar werden zu lassen, ohne sie zu beschreiben. So wie die Gegenstände in der Hitze des Sommers, im grellen Sonnenlicht, ins Fließen geraten, so wird auch hier die Wirklichkeit durchsichtig. Mit der präzisen Beschreibung der Realität gelingt Florian Wacker ein poetischer Roman über die Schwierigkeit, erwachsen zu werden. Ein Roman keineswegs nur für Jugendliche.
Marion Victor, Frankfurt am Main