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Autor
Unseld, Siegfried

Hundert Briefe

Untertitel
Mitteilungen eines Verlegers 1947-2002. Herausgegeben von Ulrike Anders und Jan Bürger
Beschreibung

Christa Wolf, Hermann Hesse, Walser, Bernhard, Adorno, Helmut Schmidt und Rudi Dutschke – sie alle (und viele andere mehr) standen in regem Briefkontakt mit dem Verleger Siegfried Unseld. Die zu seinem 100. Geburtstag hier teils erstmals veröffentlichten Texte spiegeln nicht nur Stationen eines ungemein bewegten Lebens wider, sondern zeugen auch von der Beredsamkeit eines so einfühlsamen wie auch streitbaren Buchmenschen.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Suhrkamp Verlag, 2024
Format
Gebunden
Seiten
468 Seiten
ISBN/EAN
9783518225608
Preis
26,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Siegfried Unseld wurde am 28. September 1924 in Ulm geboren und starb am 26. Oktober 2002 in Frankfurt am Main. Nach dem Abitur wurde er im Zweiten Weltkrieg zum Kriegsdienst einberufen und war drei Jahre lang, bis 1945, als Marinefunker im Einsatz. Nach seiner Rückkehr absolvierte er beim Ulmer Aegis Verlag eine Lehre als Verlagskaufmann. 1947 erhielt er durch die Vermittlung von Professor Weischedel die erstrebte Zulassung an der Universität Tübingen und studierte dort Germanistik, Philosophie, Nationalökonomie, Völkerrecht, Bibliothekswissenschaften und Sinologie. Seinen Lebensunterhalt bestritt Unseld als Werkstudent. Bis 1950 arbeitete er im Verlag J. C. B. Mohr in Tübingen. 1951 promovierte er mit einer Dissertation über Hermann Hesse zum Dr. phil. 1952 trat er in den Suhrkamp Verlag ein, wurde 1958 Gesellschafter der Suhrkamp Verlag KG und übernahm nach dem Tod Peter Suhrkamps die Verlagsleitung. Neben seiner beruflichen Tätigkeit besuchte er 1955 das von Henry Kissinger geleitete Internationale Seminar der Harvard Universität in Cambridge/Mass. (USA). Unseld führte die Verlage Suhrkamp und Insel und den 1981 von ihm gegründeten Deutschen Klassiker Verlag bis zu seinem Tod im Jahr 2002.

Zum Buch:

„Lieber Herbert,
die neue Anrede muß ja noch etwas eingeübt sein!“
Siegfried Unseld an Herbert Marcuse

„Der Verlag ist so gut wie seine Autoren dies sind. Wir machen ja zwar die Bücher, aber die Texte schreiben wir nicht.“
an Thomas Hettche

„Wenn ich einmal für meine Autoren keine Zeit habe, dann muß ich meinen Beruf aufhören.“
an Karin Struck

Der Verleger Siegfried Unseld, der von 1959 bis zu seinem Tod im September 2002 den Suhrkamp Verlag führte, war eine Ausnahmeerscheinung in der Welt der Bücher und hinterließ nicht nur eine Lücke, die zu schließen an das Unmögliche grenzte – sondern auch ein Konvolut von rund 50.000 Briefen. Bewerbungsbriefe, Briefe an Verleger, an Autorinnen und Autoren, an Politiker, Philosophen, Journalisten sowie an den einen oder anderen Kritiker.

In der ersten Zeit benutze Unseld meist die von seinem Vater geerbte Reiseschreibmaschine, viele persönliche Briefe verfasste er aber auch von Hand, doch als gleichzeitig mit den Anforderungen seines Berufes auch die tagtägliche Korrespondenz zunahm, konnte er diese kaum noch alleine bewältigen, weshalb er sich der Hilfe von Assistenten bediente und gerne auch einer Schreibkraft diktierte.

Dass er bereits früh eine spätere Veröffentlichung seiner Korrespondenz in Betracht gezogen haben muss, lässt sich allein schon daran ablesen, dass er regelmäßig Kopien und Durschläge seiner Briefe anzufertigen begann. Darunter Briefe an Hesse, Walser, Beckett, Christa Wolf, Thomas Bernhard, an Adorno („Lieber Teddy, …“), Helmut Schmidt und Rudi Dutschke – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Einmal hatte Handke, der ohnehin gerade nicht gut auf seinen Verleger zu sprechen war, ihm den Vorwurf gemacht, nicht er, Handke, sei der Adressat von Unselds Briefen, sondern die Nachwelt. Der Verleger selbst betrachtete den brieflichen Austausch hingegen als „Prozess des Verständnisses“, einen Akt der „Sammlung und Klärung“ unter den Briefpartner wie auch mit sich selbst.

In den Jahren erschienen bereits mehrere Briefwechsel Unselds, die zu lesen eine reine Kurzweil sind, doch die Auswahl der Hundert Briefe, hier zu seinem 100. Geburtstag teils erstmals veröffentlicht, spiegelt nicht nur die Stationen eines ungemein bewegten Lebens wider, wozu die jeweiligen Einführungstexte und Kommentare sehr hilfreich sind, sondern zeugen auch von der Beredsamkeit eines so einfühlsamen wie streitbaren Buchmenschen.

Axel Vits, Köln