Zum Buch:
Der namenlose Held dieser Geschichte, ein Junge, der in der grauen Groß-Vorstadt lebt, ist gerade mal wieder mit seiner Kronkorkensammlung beschäftigt, als er unten am Strand – ein Ding sieht.
Es ist groß. Ziemlich groß sogar. Und rot. Aus runden Öffnungen und Klappen an allen Seiten schauen hier und dort Tentakel oder Rüssel oder Beine heraus. Am ehesten könnte man es noch mit einer riesigen Kaffeekanne vergleichen. Muss man aber nicht. Der Junge ist neugierig, denn wie es scheint, ist ringsum jeder zu sehr mit Wichtigerem beschäftigt, niemand sonst scheint das seltsame Ding zu beachten. Also geht er hin und schaut es sich genauer an.
Nun, viel macht es nicht. Es steht bloß da, wie fehl am Platz. “Irgendwie traurig, verloren.” Aber als er mit ihm redet, ist es ganz freundlich, und so verbringen sie den Nachmittag zusammen, spielen Fang-den-Stock, bauen eine Sandburg. “Die Stunden vergingen, und es war immer unwahrscheinlicher, dass jemand das Ding mit nach Hause nahm. Die traurige Wahrheit war nicht zu leugnen. Es war allein.”
Um herauszufinden, wem das Ding gehört oder wo es hingehört, macht er sich auf zu Pete, seinem Kumpel, der praktisch zu allem eine Meinung hat. Der findet das Ding zwar cool. Aber weiterhelfen kann auch er nicht. Vielleicht, so meint er, sind manche Sachen ja einfach allein.
Aber das reicht dem Jungen nicht, also nimmt er das Ding mit zu sich nach Hause, versteckt es im Geräteschuppen, gibt ihm zu essen und stöbert die Lokalzeitung durch, als ihm eine ganz besondere Kleinanzeige auffällt. Eine Firma, die sich “Amt für Krimskrams” nennt, die sich rühmt, für alles eine Schublade zu haben, und deren Wahlspruch lautet: keerus unterum teppichae. Am nächsten Morgen fahren die beiden mit der Bahn in die Stadt.
Die Bilder zu dieser Geschichte sind nichts weniger als Kunstwerke, die vor Ideenreichtum nur so strotzen. Der diesjährige Jugendliteraturpreisträger, Shaun Tan, hat sich über seine Heimat hinaus bereits einen Namen als Meister der Graphic Novels gemacht; was er hier mir “Die Fundsache” vorlegt, ist ein einziger Phantasierausch: Man schlägt die Seite auf, sieht erst das Gesamtbild, hält sich dann lange und gerne auf in den Einzelheiten und traut sich kaum umzuschlagen.
Ein rundum schönes Buch. Schön für Kinder und Erwachsene.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln