Aktuelle Empfehlungen

Drucken

Aktuelle Empfehlungen

Autor
Stichmann, Andreas

Loreley

Untertitel
Erzählungen
Beschreibung

In Loreley nimmt uns Andreas Stichmann mit auf eine vielseitige Reise durch das Leben unterschiedlicher Menschen, voller Probleme, Widrigkeiten und dem Wunsch nach Gemeinschaft. Er schafft es, präzise und leicht, mit einer gewissen Ironie den Blick auf seine Charaktere zu richten und auf wenigen Seiten die LeserInnen in die Momentaufnahmen eintauchen zu lassen.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Rowohlt Verlag, 2024
Format
Gebunden
Seiten
128 Seiten
ISBN/EAN
978-3-498-00701-0
Preis
24,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Andreas Stichmann, 1983 in Bonn geboren, studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Für den Erzählungsband «Jackie in Silber» (2008) sowie die Romane «Das große Leuchten» (2012) und «Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk» (2017) erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Preise, unter anderem den Hamburger Förderpreis für Literatur, den Clemens-Brentano-Preis, den Kranichsteiner Literaturförderpreis und den Förderpreis zum Bremer Literaturpreis. Andreas Stichmann hat zwei Kinder. Er lebt in Berlin, von wo aus er Südostasien und zuletzt Nordkorea bereiste. «Eine Liebe in Pjöngjang» (2022), sein dritter Roman, war für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Zum Buch:

8 Erzählungen, die von Leuten handeln, die am Rhein wohnen oder auch nur gelegentlich einen Blick darauf werfen. Beispielswiese Roland, der in der Reha auf den Besuch seiner Familie wartet und sich Gedanken über sein Leben macht. Anlass zum Nachdenken gibt der Rhein auch Motte, die wohnungslos ist und ihr Camp am Ufer aufgestellt hat. Das nächtliche Beobachten des Flusses lädt zum Dichten ein: „ach, all beauty must die! vorbei: loreley“. Zwei Leute, die zu einer Party unterwegs sind, wollen vorher kurz noch Gras kaufen, aber ihr gesprächiger Dealer verzögert ihre Pläne durch Geschichten aus seinem Leben. Thoai, Frank und Day treffen sich in Makassar, Indonesien, weil Frank einen Artikel über die Fischereiindustrie schreiben will und Thoai ihn mit zum Dynamitfischen nimmt. Beate und Paul sind Nachbarn und fangen nach dem Tod ihrer PartnerInnen eine Affäre an, die für beide aber nicht das erwartete Glück bereithält. Die Goofs A, B und C leben in einer unbestimmten Zukunft und treffen sich am Rhein, um sich den Kameras und Mikrofonen von Gooftown zu entziehen und ein bisschen Privatsphäre zu haben. Sarah wird aus der psychiatrischen Klinik entlassen und verabschiedet sich von den anderen PatientInnen der Klinik, bevor sie mit ihrem Freund Bert nach Hause geht. In der letzten Erzählung kauft Beate ein Motel an der Schnellstraße mit Blick auf den Rhein, in dem sie endlich allein ihr Leben gestalten kann.

In Loreley nimmt uns Andreas Stichmann mit auf eine vielseitige Reise durch das Leben unterschiedlicher Menschen, voller Probleme, Widrigkeiten und dem Wunsch nach Gemeinschaft. Er schafft es, präzise und leicht, mit einer gewissen Ironie den Blick auf seine Charaktere zu richten und auf wenigen Seiten die LeserInnen in die Momentaufnahmen eintauchen zu lassen. Der Rhein spielt in diesen Erzählungen eine manchmal mehr, manchmal weniger bedeutende Rolle, wird zum Bezugspunkt für das Auge und manchmal auch der Seele der Charaktere, ist oft nur Hintergrundrauschen. Er verbindet über das Buch hinweg die unterschiedlichen Erzählungen, bildet die Einheit zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dabei geht es, auch wenn der Titel das vermuten ließe, nicht um Mythisches oder romantisch Aufgeladenes. Stichmann gelingt es, die sehr unterschiedlichen Erzählungen über das Menschsein nicht auseinander fallen zu lassen. Sie sind verbunden durch die subtil verhandelten Ungleichheiten, Kämpfe und Auseinandersetzungen des alltäglichen Lebens. Denn das ultimative Ziel – das Glück zu finden –, sei es nur in kleinen Momenten, wie einen guten Joint auf einer Party zu rauchen, oder selbstbestimmt sein Leben gestalten zu können, ist allen Charakteren gemeinsam. Dadurch schafft es Stichmann, eine Grundzuversicht in das Leben in seine Erzählungen einzuschreiben, die über das Buch hinauswirkt.

Melissa Dutz, Frankfurt a.M.