Zum Buch:
Wenn der Chinamann in der Plüschtierfabrik von Bangladesch die Kinder antreibt, schneller zu arbeiten, fängt Anand an zu träumen – von „Oropa“, wo Neunjährige wie er Geschenke bekommen und „Schokolade und Grillhenchen“ essen. Dorthin schickt Anand seinen Plüschlöwen. Denn nur in Europa kann Gott leben, und der soll seinen Brief bekommen. Die Reise des Löwen ist lang und abenteuerlich: Von Deutschland über den Senegal geht es nach Mali, an den Strand von Spanien und über Frankreich zurück nach Indien. Näher zusammengerückt ist die Welt in unseren Zeiten, aber Kinder brauchen immer noch Löwenherzen, um ihr Glück zu finden.
Anand hat es in der Eile ein klein wenig schief angenäht, das zweite Auge des Kuschellöwen. Weil er ja noch den Brief im Bauch des Löwen verstecken musste. Der Brief wirkt wie eine geheime Botschaft an alle Kinder, die mit dem Löwen spielen. Emma, deren Vater den Plüschlöwen auf der Kirmes gewonnen hat, findet den Mut, ihren Eltern zu sagen, was sie alles von ihnen weiß und was sie sich am meisten wünscht. Danach schickt auch sie den Löwen auf die Reise. Zula, die den Löwen mit dem schiefen Auge vom Hilfehaus bekommt, schenkt ihn weiter an Kiano, nachdem der ihre größte Sehnsucht gestillt hat, und Kiano gibt das Plüschtier dem ängstlichen Amari. In seinem Arm ist es ein Zauberlöwe, er kann Amari nämlich in größter Gefahr unsichtbar machen, und so überlebt der Junge als einziger seiner Familie die Fahrt auf dem windigen Boot nach Spanien. Dort trifft Amari auf Vanya aus Polen; die beiden lassen ihre Kuscheltiere frei, denn Vanya hat jetzt einen Freund und Amari eine Freundin gefunden. Aber die Reise des Löwen ist deshalb noch lange nicht zu Ende.
Haratischwili erzählt in dem Bilderbuch, das aus einem ihrer Theaterstücke entstanden ist, von der Welt, wie sie heute ist, und nicht wie wir – und die Kinder – sie gerne hätten. Die ausdrucksstarken Collagen von Nowikowa sprechen die gleiche Sprache. Es bleibt aber in Wort und Bild viel Raum für Wünsche, auch für ganz große: Wir müssen uns nur trauen, für sie einzustehen. Ein sehr berührendes, wunderbares Buch zum gemeinsam Lesen.
Susanne Rikl, München