Viele Polizeibehörden haben in der zweiten Hälfte der 90’er Jahre einen Stra¬tegiewechsel in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vollzogen und sich in unterschiedlichem Ausmaß für die Begleitung von Einsätzen durch Fernseh¬teams geöffnet. Polizeidokumentationen im TV erschienen als geeignetes Instrument, um sich vor einem Massenpublikum als moderner Dienstleister zu profilieren, das Vertrauen der Bürger zu gewinnen und sich als kompetenter Partner in gesamtgesellschaftlichen Präventionsnetzwerken zu präsentieren. Durch die Konkurrenz um Einschaltquoten zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern hat sich die Struktur des dokumentarischen Fernsehens jedoch deut¬lich verändert. Zu beobachten ist ein Prozess der Formatierung. Die Zeit, in der Dokumentationen die individuelle Handschrift eines Autors trugen und in erster Linie den Anspruch hatten, Informationen zu vermitteln, sind vorbei. Stattdessen werden die Beiträge in Sendereihen mit einem bestimmten Profil eingebettet. Dieses „Format“ umfasst einen festen, für den Zuschauer leicht wiedererkennbaren Sendeplatz, eine bestimmte Länge und vor allem einen quotenoptimierten Inhalt. D.h., das dokumentarische Material wird im Hinblick auf den Unterhaltungswert ausgewählt und gestaltet. Der Siegeszug des „Infotainment“ macht den kritischen, informationsorientierten Fernseh-Dokumentarismus zu einem Auslaufmodell. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Untersuchung gefragt, ob Polizeidokumentationen noch geeignet sind, die Arbeit der Polizei authentisch darzustellen. Mithilfe der wissenssoziolo¬gischen Bildhermeneutik wird untersucht, inwieweit besonders quotenträchtige Formate auf den privaten bzw. öffentlich-rechtlichen Sendern durch unterhal¬tende Gestaltungsmittel in das dokumentarische Material eingreifen und welche Wirkung damit erzielt wird. Im Ergebnis lässt sich beurteilen, ob sich die Polizei auch in Zukunft am „Infotainment“ beteiligen sollte und welche Gefahren und Chancen damit verbunden sind.