Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Haratischwili, Nino

Das achte Leben (Für Brilka)

Untertitel
Beschreibung

Der deutsch georgischen Autorin Nino Haratischwili ist mit ihrem dritten Roman ein großer Wurf gelungen. Ein großer Wurf, weil es ihr spielend gelingt, ein ganzes Jahrhundert mit seinen so unterschiedlichen wie widersprüchlichen Erscheinungen – Zarenzeit und Revolution, zwei Weltkriege, hoffnungsvolle Aufbrüche und brutale Machtansprüche – in einem reichen Tableau zu einer spannenden Geschichte zusammenzuführen.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Frankfurter Verlagsanstalt, 2014
Format
Gebunden
Seiten
1280 Seiten
ISBN/EAN
978-3-627-00208-4
Preis
34,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Nino Haratischwili, geboren 1983 in Tbilissi, ist preisgekrönte Theaterautorin und -regisseurin (mit bislang 17 Uraufführungen, u.a. am Thalia-Theater). 2010 wurde ihr der Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis verliehen. Ihr Romandebüt Juja (2010) war auf der Longlist des Deutschen Buchpreises sowie auf der Shortlist des ZDF-aspekte-Literaturpreises und gewann 2011 den Debütpreis des Buddenbrookhauses Lübeck. Im selben Jahr wurde sie für ihren zweiten Roman Mein sanfter Zwilling (2011) mit dem Preis der Hotlist der unabhängigen Verlage ausgezeichnet. Für ihren neuen Roman Das achte Leben (Für Brilka) erhielt sie ein Grenzgänger-Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung für Recherchen in Russland und Georgien. Die Autorin lebt in Hamburg.

Zum Buch:

Der deutsch georgischen Autorin Nino Haratischwili ist mit ihrem dritten Roman ein großer Wurf gelungen. Ein großer Wurf, weil es ihr spielend gelingt, ein ganzes Jahrhundert mit seinen so unterschiedlichen wie widersprüchlichen Erscheinungen – Zarenzeit und Revolution, zwei Weltkriege, hoffnungsvolle Aufbrüche und brutale Machtansprüche – in einem reichen Tableau zu einer spannenden Geschichte zusammenzuführen.

Niza, die Erzählerin im Roman, ist aus ihrer georgischen Heimat nach Berlin geflohen, wo sie nun schon seit etlichen Jahren lebt und ihrer Karriere nachgeht, aber trotzdem immer noch nicht heimisch geworden ist. Sie entschließt sich, ihrer jungen Nichte Brilka die Familiengeschichte zu erzählen, und vergewissert sich so auch ihrer eigenen Geschichte und Identität.

Es ist die Geschichte ihres Ururgroßvaters, Konditor und genialer Chocolatier, reicher und erfolgreicher Bürger, seiner beiden Töchter Stasia und Christine, die durch die Wirren der Zeiten und Kriege hindurch die Familie zusammenhalten und allen ein Zuhause geben, seines Enkels Kostja, dem es gelingt, fernab von seiner Familie in Moskau unter Stalin Karriere zu machen, seiner Enkelin Kitty, die nach Folter und Abtreibung gezwungen wird, das Land zu verlassen, seiner Urenkelin Elena, Kostjas Tochter, die gegen die Vorstellungen ihrer Eltern aufbegehrt, deren Tochter Niza, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den Westen nach Berlin aufgemacht hat, und ihrer jungen Nichte Brilka, die wie ihre Urgroßmutter am liebsten Tänzerin werden möchte. Eine Geschichte der Familie in sieben Kapiteln, in denen jeweils ein anderes Familienmitglied im Mittelpunkt steht.

Nino Haratischwili gelingt es– wie schon in ihren Theaterstücken – auch hier, komplexe und starke Figuren zu zeichnen. Es sind in erster Linie die selbstbewussten Frauen der Familie, die beeindrucken. Allesamt sind sie lebenssüchtig. Jede auf ihre Weise rebelliert gegen Gewalt, Kälte und Machthunger. Sie sehnen sich nach Liebe und Schönheit. Und auch wenn sie scheitern, an der Politik, an den Umständen, an ihren Nächsten, so bleiben sie doch ihren Träumen und Hoffnungen treu. Das achte Leben, nämlich Brilkas, liegt in der Zukunft, ihre Seiten sind noch unbeschrieben und weiß.

Dieser knapp 1300 Seiten dicke Roman ist nicht nur genau recherchiert, sondern dank seiner klugen Konstruktion auch packend erzählt. Er entwickelt ein ordentliches Suchtpotential und ist damit bestes Lesefutter für lange Winterabende.

Marion Victor, Frankfurt am Main