Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Goerz, Tommie

Im Tal

Untertitel
Roman
Beschreibung

In einer verwahrlosten Berghütte in der Fränkischen Schweiz entdeckt ein Wanderer einen toten alten Mann, den niemand vermisst zu haben scheint. Unten im Dorf, wo der Alte den Ruf eines mundfaulen Eigenbrötlers genoss, werden indes Vermutungen angestellt hinsichtlich der Todesursache, wodurch die vermeintliche Idylle durch längst vergessen geglaubte Geheimnisse ins Wanken gerät.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
ars vivendi, 2023
Format
Gebunden
Seiten
240 Seiten
ISBN/EAN
978-3-7472-0508-2
Preis
22,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Tommie Goerz, Jahrgang 1954, lebt als Schriftsteller in Erlangen. Bekannt wurde er vor allem mit seiner Reihe um Kommissar Friedo Behütuns. Sein 2020 erschienener Roman »Meier« stand auf der Krimibestenliste und wurde mit dem Friedrich-Glauser-Preis in der Kategorie »Bester Roman« ausgezeichnet. 2022 folgte »Frenzel«, für den er den Crime Cologne Award für den besten Kriminalroman erhielt.

Zum Buch:

Toni liebt das Geräusch, dieses hauchdünne Flüstern, wenn er gegen die Bruchkante im Riss des Fensterglases drückt. Liebt den feinen Glitzerstaub, der auf seinen Daumen zurückbleibt.

Sein Vater hat das jedoch verboten, wie er überhaupt alles Schöne verboten hat. Das Spazieren im Wald zum Beispiel. Das Berühren der Petroleumlampe oder das Treffen mit Maria, der Tochter der Bäuerin Marga.

Die meiste Zeit über verbringt Toni allein auf dem Hof, versorgt die Kuh und die Schweine, wie es ihm der Vater aufgetragen hat, oder kocht Kartoffeln fürs Abendbrot.

Wenn dann der Vater aus dem Wald oder dem Steinbruch heimkommt, erkennt Toni dessen Stimmung bereits am Gang. Ist er betrunken, schlägt er ihn. Und wenn Toni dann weint, schlägt er ihn wieder – nur härter.

Es ist ein karges, einsames Leben, das Toni Rosser allein mit seinem Vater auf dem von dunklen Wäldern gesäumten Bergwinkel in der Fränkischen Schweiz führt, den die Dorfbewohner seit jeher nur im Tal nennen. Selten verirrt sich jemand hier herauf, denn mit Tonis mürrischem Vater, der nach dem Tod seiner Frau auf Gott und die Welt schimpft, wenn er wiedermal im Dorfkrug trinkt, will keiner etwas zu schaffen haben.

Als Toni auf Anordnung des Vaters eine Metzgerlehre beginnt, erfährt er von Maria die wahren Umstände, die zum Tod seiner Mutter geführt haben – und er trifft einen Entschluss, der sein Leben für immer verändern wird. Erst nach den bitteren Erfahrungen beider Weltkriege kehrt er heim ins Tal und kümmert sich um den Hof. Maria hat seinen Heiratsantrag abgelehnt. Also lebt er für sich allein, hadert mit den Zeitläuften einer ungerechten Welt und wird seinem Vater auf beängstigende Weise immer ähnlicher.

Eines Tages trifft ein Wanderer zufällig den Leichnam eines alten Mannes, den niemand vermisst zu haben scheint, doch es gibt Anzeichen dafür, dass Toni Rosser keines natürlichen Todes gestorben ist.

Tommie Goerz hat mit Im Tal einen dunklen, atmosphärisch überaus dichten Roman geschrieben, dessen stimmungsvolle, mit nur wenigen Strichen erzeugte Bildgewalt den Leser vom Fleck weg für sich einnimmt. Die bewusste Kühle und Zurückhaltung seiner Charakter- und Landschaftsbeschreibungen verleihen dem Text eine absolute Glaubwürdigkeit; dennoch oder gerade dadurch gelingt ihm das Kunststück, bis zum Schluss einen bemerkenswerten Spannungsbogen beizubehalten.

Axel Vits, Köln