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Autor
Kames, Maren

Luna Luna

Untertitel
Beschreibung

Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2020

Luna luna, mit vier weiteren Neuerscheinungen für den Preis der Leipziger Buchmesse 2020 nominiert, ist eine Tour de force der Sprache, der Bilder, ein großartiges, atemloses Porträt des modernen Menschen, verloren in der Dunkelheit eigener Ängste, stets Ausschau haltend nach einer Möglichkeit des Entkommens. Der kondensierte Text ist Porträt einer Zeit, in der die Perfektion in allen Bereichen, auch in der subtilen wie plakativen Gewaltbereitschaft und -ausübung, das Diktat übernommen hat. Kames wagt einen Aufschrei der Kunst gegen die Perfektion, gegen das Unwandelbare, gegen das Ersticken der Hoffnung im Keim, gegen das Dudendiktat der Rechtschreibung.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Secession Verlag für Literatur, 2020
Format
Gebunden
Seiten
112 Seiten
ISBN/EAN
978-3-906910-67-3
Preis
35,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Maren Kames wurde 1984 in Überlingen am Bodensee geboren. Sie studierte Kulturwissenschaften, Philosophie und Theaterwissenschaft in Tübingen und Leipzig, danach am Institut für Literarisches Schreiben in Hildesheim. Sie ist ehemalige Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift BELLA triste. 2013 gewann sie mit Auszügen aus HALB TAUBE HALB PFAU den Jurypreis für Lyrik sowie den Publikumspreis des 21. Open Mike. Für HALB TAUBE HALB PFAU wurde sie mit dem Düsseldorfer Poesiedebütpreis, einem Jahresstipendium des Landes Baden-Württemberg und dem Anna Seghers Preis ausgezeichnet. 2017 erhielt sie außerdem den Kranichsteiner Literaturförderpreis. Im Jahr 2019 war sie Stipendiatin der Villa Aurora in Los Angeles. Kames‘ zweites Buch Luna Luna ist im August 2019 ebenfalls bei Secession erschienen. Ein Hörspiel in der Regie von Leopold von Verschuer wurde zum Erscheinungstermin von Deutschlandfunk Kultur ausgestrahlt.

Maren Kames übersetzt die Theaterstücke und Essays von Sivan Ben Yishai aus dem Englischen und lebt als freie Autorin in Berlin.

Zum Buch:

Luna luna, mit vier weiteren Neuerscheinungen für den Preis der Leipziger Buchmesse 2020 nominiert, ist eine Tour de force der Sprache, der Bilder, ein großartiges, atemloses Porträt des modernen Menschen, verloren in der Dunkelheit eigener Ängste, stets Ausschau haltend nach einer Möglichkeit des Entkommens. Der kondensierte Text ist Porträt einer Zeit, in der die Perfektion in allen Bereichen, auch in der subtilen wie plakativen Gewaltbereitschaft und -ausübung, das Diktat übernommen hat. Kames wagt einen Aufschrei der Kunst gegen die Perfektion, gegen das Unwandelbare, gegen das Ersticken der Hoffnung im Keim, gegen das Dudendiktat der Rechtschreibung.

„jetzt bimmich eine scherbe.
jetzt brauche ich einen platz mich zuzuzutzeln
jetzt brauche ich ein versteck.“

Die zuweilen dunkle, zuweilen grelle Sprache wird unterlegt mit Lyrics bekannter Songs von Tom Waits, Annie Lennox, Bon Iver, Janelle Monáe, um nur einige zu nennen. Diese im Englischen belassenen Liedtexte werden zu Denkformen, mehr noch: Bei der Zweisprachigkeit – deutscher Text und seine Einbettung in englische Lyrics – sei es erlaubt, in diesem Zusammenhang einen vielschichtigen englischen Begriff zur Präzisierung zu benutzen: Die Lyrics sind „patterns“ – Bilder, Vorlage, Muster, Strukturen, Schablonen, Vorbilder, all das gleichzeitig. Sie geben Halt wie einst vielleicht Gebete.

Ohne das Mittel der Sprache wäre das Ich, das sich nicht – oder nur ab und zu – findet, eingesperrt in einen Tank mit schwarzen Wänden, ohne Türen, ohne Entkommen. Folglich sind die Buchseiten schwarz und die Schrift weiß: das einzig Sichtbare im Dunkeln. Schwarz steht aber auch für die Gewalt, die in das Leben Einzug hält, gegen die sich keiner wehren kann, weil sie mit dem Menschwerden kommt, mit der Geschichte der Menschen, mit den Kriegen, die wir geführt haben und führen, im Kleinen, im Großen. Schwarz steht auch für den Sheitan, das Satanische in der Welt. Bei Kames trägt er eine Basecap.

Pink dagegen ist die Farbe des absurden Optimismus – vielleicht gibt es sie ja doch: Liebe und Hoffnung; doch schon lange keinen Glauben mehr. Stattdessen Wahrheiten, die so grell sind, dass es wehtut. Dem Pink zugeordnet ist die Geisha, Hüterin der Künste, mehr ab- als anwesend.

Die Farben des Textes sind zu Farben des Buches geworden, eine Gestaltung, die den Schrei nach Gehört-, nach Gelesenwerden unterstreicht. Das ist in Zusammenarbeit mit der Autorin von der Druckwerkstatt p98a schlicht genial gestaltet und gleichzeitig Bild dafür, was Kames sprachlich meisterhaft gelingt: Das zutiefst Innere des Menschen nach außen zu kehren.

Susanne Rikl, München