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Auf seiner Grand Tour reist er drei Jahre lang durch ganz Europa und im Anschluss daran weiter bis zum Baikalsee in Sibirien. Dann, später, während seiner fünfjährigen Weltumseglung, besucht er Afrika, Südamerika, bereist Australien, China und Indien. Seine Reisebeschreibungen werden hochgelobte Bestseller. Sein Name ist James Holman. Er ist blind.
James Holman wurde 1786 im südwestenglischen Exeter als Sohn eines Apothekers geboren. Obwohl der Vater sich gewünscht hatte, James würde einmal in seine Fußstapfen treten, meldete sich dieser im Alter von zwölf Jahren bei der Royal Navy, wo er durch Ehrgeiz und festen Willen auffiel und schließlich mit sechzehn bereits sein Offizierspatent ablegte. Auf einer Dienstfahrt im für die Jahreszeit ungewöhnlich kalten Nordatlantik verlor er durch eine Krankheit das Augenlicht. Seine Karriere war am Ende. Er war fünfundzwanzig Jahre alt.
Im England des 19. Jahrhunderts fristeten Krüppel wie er für gewöhnlich ihr Dasein hinter Mauern und wurden mit Nichtstun beschäftigt. Es sollten noch zehn Jahre vergehen, bis der ebenfalls blinde Louis Braille seine später allgemeingültige Blindenschrift patentieren konnte. Arbeit gab es erst recht nicht. Auch oder gerade nicht für blinde Offiziere der Royal Navy.
Aber James Holman hatte nicht im Geringsten die Absicht, sein Leben auf diese Weise abzuschließen, ganz im Gegenteil. Er verwirklichte seinen Jugendtraum: Die Welt zu bereisen.
In seinem spärlichen Reisegepäck führte Holman immer einen sogenannten Noctographen mit, ein ursprünglich für die Armee entwickeltes Nachtschreibegerät, eine geradezu geniale Erfindung, die es ihm ermöglichte, während seiner Reisen Tagebuch zu führen. Holman hat sich auf seinen Reisen nie geschont, manchmal, wenn ihm z.B. eine Kutschfahrt von A nach B zu eintönig wurde, ließ er sich mit einem langen Seil hinter den Wagen spannen. Und lief. Überhaupt ist diese Geschichte gespickt voll mit Begebenheiten, die ebenso seltsam wie gewollt komisch sind, denn Holman war ein Mann mit Humor.
Was mich zuweilen gestört hat, waren die von Ilija Trojanow in Holmans Tagebucheintragungen eingestreuten Kommentare und Erklärungen, mitten im Text und farbig unterlegt, die meiner Meinung nach nicht immer nötig waren und den Lesefluss ein wenig hemmten, aber ok, dem einen gefällt das, dem anderen nicht so sehr. Das tut Holmans Geschichte aber keinen Abbruch; sie ist ungewöhnlich, keine Frage, aber sie ist auch ungewöhnlich gut erzählt.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln