Zum Buch:
Kann eine unverfängliche Frage wie: “Magst Du Regen?” ein Paar so weit voneinander entfernen, dass es nicht mehr zusammenfindet? Können zwei Menschen auf der Suche nach Heimat, Frieden und Liebe an ihrer Herkunft scheitern? Jana Hensel hat einen Liebesroman geschrieben, der so zerbrechlich ist wie unsere Zukunft und so hoffnungsvoll wie der Blick eines Kindes.
Als die Journalistin Nadja zum ersten Mal in einer Mail Kontakt mit dem in Frankfurt am Main geborenen jüdischen Geschäftsmann Martin Stern aufnimmt, ist die Entfernung zwischen Berlin und Tel Aviv schnell überwunden. Doch schon die Worte, die sie losschickt, eine einfache Bitte um ein Interview, haben eine Vorgeschichte. Nadja schreibt für ein Blatt, das in den Verdacht geraten ist, etwas gegen Martins Land und Leute zu haben. Und deshalb lacht Martin Stern diese deutsche Journalistin aus, als er wenige Minuten nach Erhalt der Mail zurückruft. Erst lacht er sie aus und dann schreit er sie an. Mit solchen wie ihr würde er nichts zu tun haben wollen. Du und deine Leute, ich und meine Leute. Nadja kennt das, wenn auch ein wenig anders. Sie ist in der DDR aufgewachsen. Und deshalb schlägt die scheinbar unüberwindbare Distanz zwischen den beiden plötzlich um in Nähe. Wenige Wochen später fliegt Nadja nach Tel Aviv. Aus dem deutlich älteren Juden und der entwurzelten Deutschen wird ein Liebespaar. Nähe und Befremden liegen dicht beieinander in dieser Liebe, für die Nadja ein neues Land gründen will, fern von dem richtigen, dem falschen, dem einstigen und zukünftigen. Eines, in dem Geschichte, Herkunft, Geographie keine Rolle spielen. “Endlich ein Land für dich, endlich ein Land für mich.”
“Keinland” wird es werden, schon der Titel des Romans verrät den Ausgang der Liebesgeschichte, zumindest des Teils, der zwischen diesen Buchdeckeln erzählt wird. Gleichzeitig ist aber jeder Seite, jedem Satz die Sehnsucht nach Grenzöffnung eingeschrieben. Grenzöffnung in den Köpfen und in den Herzen, Grenzöffnung der Gattung selbst, denn Jana Hensels Roman ist so viel mehr als ein Liebesroman. Deutsche Geschichte und israelische Geschichte werden hier erzählt, europäische gleich mit, Kindheits- und Erwachsenengeschichte, die nur in den Wörtern und nicht im Leben getrennt ist. So sollte es sein. Das ist das Ziel.
Zonenkinder hieß der Sachbuch-Bestseller der Autorin, die jetzt mit Keinland ihr literarisches Debüt vorgelegt hat. Unbedingt lesen.
Susanne Rikl, München