Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Lungu, Dan

Die rote Babuschka

Untertitel
Roman. Aus dem Rumänischen von Jan Cornelius
Beschreibung

Wer ein Gefühl für das alltägliche Überleben im real existierenden Sozialismus bekommen will, kommt an der „Roten Babuschka“ nicht vorbei – und kriegt ganz nebenbei noch einen Strauß der wunderbarsten Ceaucescu-Witze geliefert.

Verlag
Residenz Verlag, 2009
Format
Gebunden
Seiten
248 Seiten
ISBN/EAN
978-3-7017-1511-4
Preis
21,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Dan Lungu, Jahrgang 1969, arbeitet als Soziologiedozent in Rumänien. Er gründete die literarische Gruppe „Club 8“, die Bewegung ins rumänische Kulturleben brachte. „Die rote Babuschka“ ist für den europäischen Prix Jean Monnet nominiert.

Zum Buch:

In Rumänien ist das Leben nach Ceaucescu nicht leichter geworden, im Gegenteil. Das Geld, das früher kaum eine Rolle spielte, weil man dafür sowieso nichts kaufen konnte, ist plötzlich das Wichtigste auf der Welt, und was hat man von dem besseren Warenangebot und der Reisefreiheit, wenn man sie aus Geldmangel nicht nutzen kann? Das fragt sich die Rentnerin Emilia Apostoe täglich. Und sie kann einfach nicht verstehen, dass ausgerechnet ihre Tochter, die jetzt in Kanada lebt, sie drängt, bei den anstehen Wahlen auf keinen Fall für die Kommunisten zu stimmen. Dabei haben doch gerade die Kommunisten so viel für sie getan – und es wäre so schön, wenn alles noch einmal so wäre wie früher. 

Der Anruf der Tochter bringt Emilia dazu, ihr Leben noch einmal Revue passieren zu lassen. Wir erfahren von ihrer Kindheit auf dem Dorf, von der Sehnsucht nach der Stadt, in der es Nagellack und Parfüm gibt und das heiße Wasser aus der Leitung kommt, von ihrer Arbeit in einem Metallbaubetrieb, in dem geschoben und betrogen wird, was das Zeug hält, von einem Alltag, in dem man sich mit Tricks und Kniffen durchlaviert, aber immer viel, sogar sehr viel Spaß miteinander hat. Hier erzählt eine Mitläuferin, kein Zweifel, aber eine so sympathische und liebenswerte Mitläuferin dürfte in der Literatur ihresgleichen suchen. Dan Lungu gelingt das Kunststück, uns den Alltag der Ceaucescu-Dikatatur aus der Perspektive seiner unverwüstlichen, immer zu einem herzhaften Lachen bereiten Protagonistin so plastisch vorzuführen, dass man sich mitten hinein versetzt fühlt und ihre Nostalgie durchaus nachvollziehen kann. Dabei schimmert aber immer die andere, sehr düstere und bittere Realität durch, die Emilia nicht sehen will und konsequent ausblendet. Und das ganze ist durchzogen von einer Ironie und einem Witz, einer Liebe zum Grotesken, die urkomisch und tottraurig zugleich ist.   Wer ein Gefühl für das alltägliche Überleben im real existierenden Sozialismus bekommen will, kommt an der „Roten Babuschka“ nicht vorbei – und kriegt ganz nebenbei noch einen Strauß der wunderbarsten Ceaucescu-Witze geliefert. Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main