Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Ludewig, Wolfgang

Glücksritter im Labyrinth der Leidenschaften

Untertitel
Eine kretische Reiseerzählung
Beschreibung

Auf 220 Seiten wird geschildert, was passiert, wenn zwei junge Saarländer versuchen, auf Kreta Urlaub zu machen. Und dabei „eine ihrer berüchtigten Diskussionen” führen. Möllner und Vogelsberger, die beiden Protagonisten, die sich selbst konsequent Molli und Birdy nennen, vom Autor in reichhaltiger Abwechslung als „Motzbuben, Schafsköpfe, Trottel, Hirnis, Vollidioten, Kretins, Schreckgespenster, Deppen, Pseudobildungsbürger, dumm wie Schifferscheiße” oder als „Universaldilletanten”, also Saarländer, charakterisiert, erklären sich und uns in rasender Aufeinanderfolge das gesamte abendländische Wissen, Stand Saarbrücken etwa um die gerade erfolgte zweite Jahrtausendwende.

Verlag
CONTE-VERLAG, 2004
Format
Kartoniert
Seiten
220 Seiten
ISBN/EAN
978-3-936950-10-6
Preis
12,90 EUR

Zum Buch:

Heipe Weiss, Frankfurt am Main

Mir wisse wass gutt iss Ein Muss für den Saarländerversteher. Pferde-respektive Frauenflüstern ist ja schon schwer genug. Was geht bloß vor in den Köpfen von Saarländern, dieser seltsamen Variation von Mitteleuropäern, mag sich mancher fragen. Andere wiederum interessiert es nicht die Bohne. Wir Saarländer im Exil –Ihr ahnt gar nicht, wie viele wir sind, wir verstecken uns nur ausgesprochen geschickt- näähh, Schläfer sind wir nicht, im Sinne des internationalen Kofferbombens, die Gefahr, die von uns ausgeht ist anderer Art, obwohl… Jedenfalls, wenn zwei von uns beisammen sind, und wir uns unbeobachtet wähnen, was wir uns da so alles zu erzählen haben. Wir im Nordsaarland nennen es übrigens maiiijen, in jenem Idiom, das Sprachforscher abfällig als „Moselfränkisch“ diffamieren. Na, wartet mal ab, bis es offiziell europäische Amtssprache wird. Die Luxemburger, altgediente Europäer, verstehen es schon! Aber die Sprache allein macht es nicht, die könnte ja jeder lernen, der sich ins künftige saarländische Europa zu integrieren Bereitschaft zeigt, es geht um die Geistesart. Und die ist nur schwer erlernbar. Nehmen wir – nur mal als Beispiel- die Flemme. Für Nichtkenner, und das sind so gut wie alle Nicht-Saarländer, der Hinweis: Das End-E ist unbetont, auf Deutsch schriebe man also korrekt eher: die Flemm! Aber das nur am Rande. Saarländer verstehen, wahrhaft eine Kunst. Uns Saarländern zum Beispiel ist ganz aus der Nähe ein Volksstamm bekannt, der diese nie beherrschen wird. Wir nennen sie, meist etwas mitleidig, die Päälzer. Aber auch andere Mitteleuropa-Mitbewohner tun sich beim Saarländer-Verstehen oft schwer. Zum Glück gibt es Hilfsmittel, für Nichtsaarländer. Michael, ein alter Schulfreund und Mit-Exilant, der in München Unterschlupf gefunden hat, hat mich auf eines davon aufmerksam gemacht. Jetzt, da unserer Tennisnation dank der Familie Heinz Becker in Form ihres Jüngsten, Benjamin, ein neuer Bumm-Bumm, diesmal ein Saahlännischer Tennisstar erstanden ist, und damit diesem kleinen, sonderbaren Landesteil in der südwestlichen Randmitte der Republik, dort, wo Frankreisch und Luxemburg fast schon ins Deutsche überzugehen drohen, die Aufmerksamkeit der restlichen Nation, im Saarland immer noch ‚Reichsdeutschland’ genannt, sicher zu sein scheint – jedenfalls immer dann, wenn der ‚Saarländer’ Ben-Bumm-Bumm-Becker in Wembley und anderswo die internationalen Tennisspieler das Fürchten lehrt –„ Ei komm geh fortt!“; jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, auf ein Buch aufmerksam zu machen, dass unter internationalen „Die-Saarländer-zu verstehen-Versuchern“ als gelungene Ergänzung der aus Film und Fernsehen bekannten Dudenhöfer- und Co’schen als überzeugendes Aufklärungs- und Anschauungsmaterial gedachten Serien- und Seifenoper ‚Familie Heinz Becker’ oder ‚Des Schwachwitz’ saarländisches Gesicht’ gilt – na endlich, das Verb. Ich wusst doch, dass irgendwoss gefehlt hott. Abgesehen von der Unverzeihlichkeit, in diesem Zusammenhang nicht auf Alice Hoffmanns’ Vanessa Backes und Ihre „Suppkultur“ hingewiesen zu haben. Jooah! Wolfgang Ludewig hat es vorgelegt, mit dem Titel „Glücksritter im Labyrinth der Leidenschaften“, 2004 im Conte Verlag erschienen. Auf 220 Seiten wird hier geschildert, was passiert, wenn zwei junge Saarländer versuchen, auf Kreta Urlaub zu machen. Und dabei „eine ihrer berüchtigten Diskussionen„ führen. Möllner und Vogelsberger, die beiden Protagonisten, die sich selbst konsequent Molli und Birdy nennen, vom Autor in reichhaltiger Abwechslung als „Motzbuben, Schafsköpfe, Trottel, Hirnis, Vollidioten, Kretins, Schreckgespenster, Deppen, Pseudobildungsbürger, dumm wie Schifferscheiße“ oder als „Universaldilletanten“, also Saarländer, charakterisiert, erklären sich und uns in rasender Aufeinanderfolge das gesamte abendländische Wissen, Stand Saarbrücken etwa um die gerade erfolgte zweite Jahrtausendwende. Von der Bonobo-Theorie (eine Affenart, von der Saarländer gerne abstammen würden) und der Charakterisierung der Töchter Lots als „die ersten fatherfucker“ der Geschichte, über die wahre Sprachkunst – „Ich stürbe, gäbe es keinen Konjunktiv!“ – , den Unterschied zwischen Astrologie und Astronomie bis zur adäquaten Würdigung der kritischen Theorie: „Adorno, dieser Stubenhocker. Auf dessen Urteil pfeif ich.“ Dabei gelangen die beiden zu erstaunlichen ethischen und moralischen Urteilen, ob es dabei um Bierbüchsen geht oder um die geeignete Qualität der zu erobernden Frauen. Und das geht so: „Du bist blöd. Gerade so eine wäre richtig für uns. Etwas schlicht im Gemüt, aber sinnlich.“ Oder so: „Birdy, kannst du es als Grüner verantworten, wenn wir jetzt aus Dosen trinken?“ „Naja, Mollie, Flaschen wären mir lieber. Was soll’s? Wenn die keine Flaschen haben, werden wir ja zur Dose gezwungen. Außerdem, und das ist das Wichtigste, ist der Inhalt der Dose ökologisch.“ Am liebsten würde ich, selber Saarländer durch und durch trotz Jahrzehnten im Exil, jetzt Zitat an Zitat reihen von Hölzchen bis Klötzchen, Plinius den Älteren (23 – 79 nach Christus) streifen (Ne sutor supra crepidam!) und überhaupt mit meinem „angelesenen .. Volksschulwissen .. mächtig Eindruck schinden“, und damit doch nur die von Wolfgang Ludewig prägnant auf den Punkt gebrachte Selbsterkenntnis des ideellen Saarländers bestätigen: „Tröste dich! Ich bin nur ein Universaldillettant. .. Das ist im Saarland jeder. Wir können alles, aber nichts richtig!“ Das gilt übrigens auch für Hochdeutsch, da unterscheiden wir uns von … hab ich jetzt vergessen, wer das wieder war… Vogelsberger und Möllner, die beiden „Glücksritter in Labyrinth der Leidenschaften“ , lässt ihr Autor Wolfgang Ludewig Wesen und Seele und Schicksal der Saarländer folgendermaßen auf den Begriff bringen, erst auf deutsch, und abschließend, sozusagen für Ausländer, auf saarländischem Englisch: „Vogelsberger fasste sich an den Kopf, weil alles wie am Schnürchen gelaufen war. „Mollie, wir sind zwar Deppen, aber es klappt doch alles, findest du das nicht toll? „Du hast Recht. Stell dir mal vor, wie langweilig ein Leben ohne Tücken wäre. Wir sind eben Typen mit Ecken und Kanten, da bleibt so was wie Organisation halt manchmal auf der Strecke, was soll’s?“ Und falls das dem Rest der Welt nicht passt, so brüllen wir Saarländer zurück: „Now tell us what to do, if you would have told us concretly, what we should do, there would be no problem, O.K., YOU’VE GOT ME?” Oder, wie die Beatles einst gesungen hätten, wären sie Saarländer gewesen: „She loves you, Joooah, jooah, jooah – jooah!“

Heipe Weiss, Frankfurt am Main