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Autor
Garnett, David

Dame zu Fuchs

Untertitel
Roman. Aus dem Englischen von Maria Hummitzsch
Beschreibung

Es passiert auf einem Spaziergang. John Tebrick ist für einen Moment durch eine vorbeireitende Jagdgesellschaft abgelenkt, als er einen kurzen Schrei hört und seine Frau sich von seiner Hand losreißt. Er dreht sich um und „wo eben noch seine Frau gewesen war, stand, mit leuchtend rotem Fell, ein kleiner Fuchs. “Für Mr. Tebrick besteht kein Zweifel: die Fähe ist seine Frau Silvia. So nimmt er sie mit nach Hause und versucht dort, sein bisher ruhig und glücklich verlaufendes Eheleben weiterzuführen. Was möglich scheint, hat sich doch außer Silvias äußerer Gestalt zwischen ihnen nicht viel verändert. Bis er sie dabei ertappt, beim Frühstück mit eigenartig gierigem Blick den Vogelkäfig zu betrachten, in dem ihre geliebte Taube sitzt…
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Dörlemann Verlag, 2016
Format
Gebunden
Seiten
160 Seiten
ISBN/EAN
9783038200260
Preis
17,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

David Garnett, am 9. März 1892 in Brighton geboren, war Schriftsteller, Buchhändler, Verleger, Kritiker und Mitglied der »Bloomsberries«. Dame zu Fuchs (1922) war der erste Roman, den David Garnett unter eigenem Namen veröffentlichte. Er erhielt dafür mehrere Preise. In zweiter Ehe war er mit Angelica Bell verheiratet, der Tochter seiner Freunde aus der Bloomsbury-Gruppe, den Malern Vanessa Bell und Duncan Grant, mit denen er eine Zeit lang in Charleston Farmhouse zusammengelebt hatte. Duncan Grant ist dieser Roman auch gewidmet. David Garnett verstarb am 17. Februar 1981.

Zum Buch:

Dies, so versichert der Erzähler des Buches „Dame zu Fuchs“, sei eine wahre Begebenheit, die umfänglich bewiesen und von mehreren Zeugen bestätigt worden sei. Mrs.Tebrick war eine tugendsame junge Frau, eine liebevolle und treue Gefährtin ihres Mannes. An einem Januartag des Jahres 1880 macht das Ehepaar einen Spaziergang in der näheren Umgebung, und da passiert es: Mr. Tebrick ist für einen Moment durch eine vorbeireitende Jagdgesellschaft abgelenkt, als er einen kurzen Schrei hört und seine Frau sich von seiner Hand losreißt. Er dreht sich um und „wo eben noch seine Frau gewesen war, stand, mit leuchtend rotem Fell, ein kleiner Fuchs.“ Für ihn besteht kein Zweifel – die Fähe ist seine Frau Silvia. So nimmt er sie mit nach Hause und versucht dort, sein bisher ruhig und glücklich verlaufendes Eheleben weiterzuführen. Er erschießt seine beiden Hunde, entlässt das Personal, erzählt Verwandten und Nachbarn, seine Frau sei verreist, und lebt fortan allein mit der Fähe in einem kleinen Teil des großen Hauses in der Einsamkeit auf dem Land. Er kocht für sie, wäscht und kämmt sie (den etwas strengen Geruch versucht er mit ihrem Parfum zu überdecken), kleidet sie in ihr kleinstes Jäckchen. Die beiden scheinen sich prächtig zu verstehen. Sie verständigen sich mit Blicken und können sogar liebgewonnene Gewohnheiten wie das Kartenspiel wieder aufnehmen. Mr. Tebrick leidet zwar sehr unter dem Verlust der menschlichen Gestalt seiner Gattin, ist aber entschlossen, ihre bisher harmonische Ehe nun in dieser Form weiterzuführen. Bis er die Füchsin dabei ertappt, beim Frühstück mit eigenartig gierigem Blick den Vogelkäfig zu betrachten, in dem ihre geliebte Taube sitzt.

Nun geschieht, was in jeder engen Beziehung passieren kann, wenn einer der Partner sich verändert und die bisherigen Regeln des Zusammenlebens nicht mehr anerkennt: das Kräfteverhältnis verschiebt sich und damit das ganze Verhältnis zueinander. Silvia beginnt sich zu wehren, wenn sie angezogen werden soll, will ausschließlich auf allen Vieren gehen und giert nach rohem Fleisch. Sie will keine Romane aus dem 18 Jahrhundert vorgelesen bekommen, sondern lieber ungebunden draußen herumstreifen. Mr. Tebrick, der sich weiter innig an sie gebunden fühlt, will seine Frau schützen, denn in England auf dem Land ist wohl jeder Hund darauf trainiert, Füchse zu fangen. So kollidiert seine Fürsorge mit ihrem immer radikaleren Freiheitsdrang, der sie irgendwann zu typisch „füchsischen“ Listen greifen lässt.

Die Hoffnung, trotz Silvias Verwandlung sei ein gemeinsames Eheleben noch möglich, bröckelt. Tebricks Zugeständnisse an die nun tierische Natur seiner Frau werden immer größer, und statt dass es ihm gelingt, der Fähe „gesittetes“ Verhalten abzuverlangen, gerät er selbst in einen Prozess zunehmender Verwilderung.

Die daraus entstehenden Konflickte zeigen: „Dame zu Fuchs“ ist eine typische Emanzipationsgeschichte in sehr untypischem Gewand, die zum Glück alles andere als holzschnittartig daher kommt. David Garnett,der zur jüngeren Generation des Bloomsbury-Kreises gehört, hat ein skurriles, anrührendes und vielschichtiges Buch geschrieben, leicht und etwas melancholisch, das sich überhaupt nicht um Plausibilitäten schert und über das man lange nachsinnen und reden kann.

Ruth Roebke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt